Mass Effect, ein Science-Fiction-Action-RPG von Bioware, ist eines dieser Spiele, die lange an mir vorübergezogen sind und von dem ich immer wieder gehört habe, dass es supertoll sein soll. Mangels einer Xbox 360 und eines PCs war es mir also auch lange Zeit nicht vergönnt, die Trilogie komplett auf der PS3 spielen zu können. Bis die Trilogie-Box rauskam. Da war der Fall schlussendlich klar.
Ende
2015 hatte ich also die Motivation, mich mit Mass Effect auseinanderzusetzen,
nur um die Motivation bis Mai 2020 wieder zu suchen. Als ich wieder drin war,
fand ich mich sofort wieder zurecht und wusste auch, was zu tun ist und was
passiert war. In aller Regel ein Indikator für gutes Spieldesign.
Wie ist
der erste Teil dieser Reihe also? Zuallererst ist die technische Umsetzung auf
der PS3 nicht sonderlich sauber. Framerateeinbrüche auf unter 20 Frames sind
keine Seltenheit und auch der einstellige Bereich wurde in einem Gebiet einmal
erreicht. Grafik und Texturen sind über weite Strecken auch heute noch gut
anzusehen, aber sie sind doch merklich in die Jahre gekommen.
Das ist
auch eine Sache, die man beim Gameplay merkt. Als Third-Person-Shooter fühlt
sich Mass Effect einfach nie richtig gut an. Das Zielen auf Feinde wird durch
eine störrische Kamera beeinträchtigt und insgesamt fehlt hier einfach das
gewisse Etwas, um als guter Shooter durchzugehen. Man merkt, dass Bioware hier
erst einmal versucht hat, eine Basis in einem für sie neuen Genre aufzubauen,
denn die RPG-Elemente sind in Mass Effect weit besser ausgearbeitet. Zu Anfang
des Spiels ist es möglich, sich zwischen mehreren spielbaren Klassen für Shepard,
den Hauptcharakter, zu entscheiden, die sich vor allem in der Expertise der
Waffen sowie den einsetzbaren Fähigkeiten unterscheidet. Jede Fähigkeit lässt
sich per Levelup erhaltene Skillpunkte verbessern und ermöglich so immer neue
Strategien in Gefechten. Sofern man auf höheren Schwierigkeitsgraden spielt,
ist das auch unbedingt notwendig.
Die
Kämpfe selbst laufen meist so ab, dass man in eine Arena mit mehreren
auftauchenden Gegnern kommt und alle ausschalten muss. Damit Shepard nicht ganz
allein gegen die Feinde antreten muss, erhält er bei Verlassen des Raumschiffs von
zwei seiner Begleiter Unterstützung. Jeder Charakter hat eigene Waffen- und
Fertigkeitenkombinationen, die im Kampf richtig eingesetzt werden wollen.
Wahlweise übernimmt die KI das Vorgehen des Charakters, allerdings lassen sich
für jeden Charakter auch eigene Strategien festlegen, die vom Vorrücken zu
einem bestimmten Punkt bis zum gezielten Einsatz einer Fertigkeit reichen.
Vieles lässt sich über ein übersichtliches Ringmenü einstellen, das jederzeit
aufgerufen werden kann und den Kampf anhält. Demnach kommt es selten zu Stress.
Das
eigentliche Herzstück des Spiels sind aber die Lore und damit verbunden Story
und Charaktere. Während die Story selbst nur einen kleinen Ausblick auf das
gibt, was später noch werden könnte und dementsprechend auch eher simpel
bleibt, sind die Charaktere auf vielschichtige Art ausgearbeitet. Jeder hat
seine eigene Vorgeschichte und seine eigenen Motive, um bei der großen Mission
mitzumachen, wodurch sich eine grundsätzlich abwechslungsreiche Gruppe ergibt. Schade
ist an dieser Stelle, dass selten Momente gezeigt werden, in denen alle
Gruppenmitglieder miteinander reden, sondern meist nur die, die man selbst auch
in die Mission mitgenommen hat.
Auch die
Lore weiß zu überzeugen. Beim ersten Besuch der Citadel, dem zweiten größeren
Hub neben der Normandy, verbringt man erst einmal Stunden damit, jeden Winkel
zu erkunden und mehr über die Vorgeschichte zu erfahren. Menschen, Alienrassen,
alte Kulturen, aktuelle Geschehnisse und Technologien: Es wird eigentlich alles
abgedeckt, was man sich nur wünschen kann und dementsprechend gibt es auch eine
Menge zu lesen.
Der
Soundtrack ist über weite Strecken des Spiels unauffällig. Es gibt nur sehr
wenige Themen, die wirklich im Ohr bleiben, wobei die Musikauswahl
grundsätzlich immer zur aktuellen Situation passt, wenn sie mal da ist. Am
auffälligsten war da noch das Thema bei der Planetenauswahl auf der Normandy. Viel
besser sind hier die vertonten Dialoge, die für nahezu das ganze Spiel zum
Einsatz kommen. Die gut gewählten deutschen Synchronsprecher schaffen es über weite
Strecken, die Texte gut umzusetzen und so für noch mehr Atmosphäre zu sorgen.
Der
Umfang des Spiels ist in Ordnung. Sollte man sich nur auf die Hauptmission
konzentrieren, ist man vermutlich in 10 bis 15 Stunden durch. Wenn man noch
alle Nebenmissionen erledigt und Planeten erkundet, kommt man hingegen leicht
auf 30 Stunden. Einige dieser Nebenaktivitäten rufen jedoch eher Langeweile
hervor, sodass man sich am liebsten so schnell wie möglich wieder der
Hauptaufgabe widmen möchte.
Zum Schluss lässt sich also sagen, dass Mass Effect mit dem Setting und der Lore ein gutes Fundament für weitere Teile gelegt, insgesamt aber noch viel Luft nach oben hin hatte. Spielerisch gab es noch einiges auszubügeln und auch wenn vieles funktionierte, so wünscht man sich doch etwas mehr. Insgesamt hinterließ Mass Effect bei mir einen Eindruck etwas über dem Durchschnitt und ich freute mich zu dem Zeitpunkt bereits auf Mass Effect 2. Das hab ich mittlerweile zwar auch schon durch, aber das soll eine andere Geschichte zu einem anderen Zeitpunkt werden.
Kommentare 6
Cyndaquil
Schönes Review! Ich hab nen guten Überblick über deine Eindrücke zum Spiel bekommen. Tatsächlich kannte ich Mass Effect vom Hörensagen auch eher für seine RPG-Elemente und weniger als Shooter. Mich verblüfft schon, dass der OST so unauffällig ist -- irgendwie hatte ich erwartet, dass der mehr zu bieten hat, aber frag mich nicht warum.
Da bin ich jedenfalls schon gespannt, wie deine Einschätzung zu Mass Effect 2 aussehen wird, ob sich dieses Game deiner Meinung nach im Vergleich zum Vorgänger gesteigert hat. (:
Rusalka Autor
Vor allem bei Soundtracks zu westlichen Spielen ist es oft so, dass die Tracks zwar gut in die jeweilige Situation passen, so aber entweder nicht gut im Ohr bleiben oder einfach unauffällig sind. Da kommt's nicht zuletzt auf den zuständigen Komponisten an, ob dabei ein Ohrwurm entsteht oder nicht.
Venelia
mochte Dragon age von BioWare immer mehr
Rusalka Autor
Dragon Age ist halt eher klassisches Party-Gameplay, was nicht zuletzt auch am Setting liegt. Ich finde, dass beides seine guten Seiten hat, wobei Mass Effect 1 jetzt nicht so einen guten Start hatte wie Dragon Origins etwa.
Mandelev
Nur aus Interesse und weil es dazu ja immer verschiedene Ansichten gibt: Beziehst du dich auf die deutschen oder auf die englischen Synchronsprecher?
Rusalka Autor
Es geht um die deutschsprachigen Synchronsprecher, weil ich standardmäßig mit denen spiele, sofern sie kein Totalausfall sind. Danke auf jeden Fall, ich hab das noch ergänzt.