Ein Interview mit Olaf Scholz gelesen – er blieb sehr vage dabei, wie er Obdachlosigkeit, Armut und soziale Spannungen bekämpfen will, mit einer Ausnahme: Ein BGE sei definitiv keine Option. Die Vorwürfe, mit einer SPD in der Regierung würde der Sozialismus oder auch nur eine etwas sozialere Marktwirtschaft ausbrechen, müssen somit wohl als entkräftet gelten.
Ein verwandter Gedanke: Heinrich Lübke, zweiter Bundespräsident der BRD und Mitglied der CDU, sagte einmal, er sei seit jeher ein Freund der SPD, ihn störe nur, dass so viele Sozialdemokraten in der Partei seien. Dieser Satz wäre heute noch aus ganz anderen Gründen witzig. (Anmerkung: Heinrich Lübke ist allerdings nicht euer Freund, sondern ein Erbauer von KZ-Baracken, denkt dran.)
Wenn ich die Linien in meiner Handfläche richtig lese, bin ich offenbar in sechs Monaten tot. Das ist ein wenig unangenehm, aber lässt sich wohl leider nicht vermeiden.
Bananen.
In den ADs wurde ich letztens als „neutral“ bezeichnet, eine boshafte Unterstellung, die ich entschieden zurückweise.
In meinen Screenshots finde ich das hier (hab's leicht zurechtgeschnitten wegen störender Werbung) aus der SPIEGEL-App und muss nach wie vor sagen, dass ich die Combo aus Bild und Schlagzeile einfach extrem gerne mag:
Wenn mich noch einmal jemand niedlich nennt, so werde ich dieser Person meinen Katzenohrenhaarreif in den Arsch schieben – und zwar quer.
Wirtschaft ist das, was die Menschen auffrisst. Schule hingegen ist das, was die Menschen schön salzt und sie dann in Olivenöl scharf anbrät, damit sie der Wirtschaft auch munden. Wobei die Wirtschaft ihre Menschen manchmal auch ausgekocht mag oder mit Knoblauch gedünstet. Vielleicht sogar mal als saftiges Tatar oder Braten mit einer knusprig-feinen Glasur, dazu ein Rotwein (eigentlich ist es das Blut der Menschen, aber es steht symbolisch für Wein).
Bananen.
Ihr wisst genauso gut wie ich, dass irgendwann irgendwelche depperten Maskulinisten auf die Idee kommen werden, die Begriffe „männlich“, „cis“ und „hetero“ seien zu reclaimen. Ich fürchte diesbezüglich nur, dass die Zeit bis dahin nicht ausreicht, einen Weg zu finden, die Idiotie dieses Vorhabens sprachlich zu artikulieren.
In drei Jahren werden die AoT-Fans es endlich begriffen haben. Wir kulturkritischen Leftists stehen bereits in den Startlöchern, um ein „Wir haben es euch ja gesagt“ rauszuhauen, sobald die Erkenntnis kommt. Bis dahin verbleibt in bescheidenem Schweigen
Euer Thrawni
P.S.: Es ist nur normal, wenn ihr nach dem Lesen des Blogs eine irrationale Lust auf Bananen verspürt. Dies ist Resultat der von mir clever eingefügten subliminalen Botschaften.
P.P.S.: Hier ist noch ein langweiliger Essay, den ich offiziell nicht veröffentlichen kann, weil ich zu faul bin nachzuschauen, ob Marxismus wirklich so funktioniert wie hier dargestellt.
Entgegen dem, was diverse rechtspopulistische Gruppen behaupten, ist es mitunter äußerst schwierig, sich an der Universität mit einer Philosophie auseinanderzusetzen, die sich auch nach weniger reiflichem Überlegen als „links“ bezeichnen lässt; soll heißen, es wird eben nicht jedes Semester in jedem zweiten Seminar Marx gelesen, sondern vielleicht mal alle drei Semester in einem einzigen (zumindest an meiner Uni), und eher kann man noch darauf hoffen, irgendwann mal Adorno vorgesetzt zu bekommen, der aber eben mitunter – gerade ohne Marx und Hegel im Vorfeld – nicht ganz so zugänglich sein mag.
So viel aber habe ich mir allmählich über die Jahre zusammenpuzzeln können, nämlich dass der Marxismus nicht einfach eine politische Theorie bzw. Ideologie darstellt, sondern auch eine Vorstellung beinhaltet, wie Geschichte abläuft und was ihre Teleologie ist, und dies besteht – wie es mir mein Halbwissen mitteilt, für das ein Adorno mich schelten würde – eben aus der Ansicht, Geschichte sei eine Abfolge von Klassenkämpfen, die Revolution somit unausweichlich und das Ende – die kommunistische Utopie – ebenso unvermeidlich. Nun lehren mich aber sämtliche Historiker*innen und Karl Popper, dass Geschichte so nicht funktioniert, und ich bin geneigt, ihnen zuzustimmen, zumal die marxistische Lehre auch mit der moralisch sehr unbequemen Schlussfolgerung einherzugehen scheint, dass die Situation der Arbeiterklasse zu verschlechtern wäre, um die Ankunft der Revolution, deren Funke im Elend der Unterdrückten besteht, zu beschleunigen.
Nun ist es aber vielleicht gerade dieser Aspekt, der heute wieder im Trend liegt, und das sollte nicht verwundern, betrachtet man nur die Welt, wie sie in Zeiten von Corona eben nicht und dann wieder doch zusammenhält: Auf der einen Seite die beträchtlichen Verluste der ohnehin schon schlechter Gestellten und die fast genauso großen Gewinne bei Bezos und Co., Symptom einer Wirtschaft, die in der Krise letztlich anzog, was manchen Medien als ein Rätsel und dem progressiven Lager aber nur folgerichtig erschien; auf der anderen Seite die Situation der inzwischen ja sehr viel besseren Vernetzung, sodass die Realisierung des Umstandes, dass das derzeitige System die Krise nicht meistern kann und den Menschen mehr Elend als Glück bringt, sich über eine Vielzahl digitaler Kanäle verbreiten und somit – so könnte man eben hoffen – für ein globales Bewusstsein darüber sorgen kann, dass es so schlicht nicht weitergehen darf.
Die Kombination beider Umstände dürfte nun eigentlich die perfekte Voraussetzung für eben jene revolutionäre Veränderung der Welt sein, deren Zeitpunkt Marx kommen sah und den Adorno als vorerst verpasst angeben musste, sodass auch derjenige, der dem Marxismus aufgrund dessen historischer Fragwürdigkeit kritisch bis ablehnend gegenübersteht, daraus seine neue Hoffnung schöpfen mag.
Zugleich passiert aber eben nichts, und die Schutzmechanismen des Systems funktionieren ohne jegliche Friktion, da sich die Politik der Wirtschaft wieder einmal als Erfüllungsgehilfe andiente – trotz aller Stimmen der Vernunft –, und der Vertreter der deutschen bürgerlichen Schicht, der zwar beständig pflichtschuldig auf die Versäumnisse der Politik schimpft (und dann mitunter sagt, dass er das ja eigentlich gar nicht nicht dürfe), sich auch im zweiten Jahr seinen Spargel nicht vom Teller nehmen lassen will, und sei es, dass dafür Menschen ohne Krankenversicherung, dem Virus schutzlos ausgeliefert und von ihren Liebsten getrennt schuften müssen, wobei das nur die innerdeutsche Seite der Dialektik ist: Denn gehen wir wieder auf die globale Ebene, so beschwert sich der Deutsche zwar über die schlechte Politik seines eigenen Landes, genießt es zugleich aber auch, auf die unzivilisierten Wilden (so sagt er es freilich nicht, meint es aber doch) in Indien oder Afrika herabzusehen, die sich ihr jeweiliges Unglück ja selbst eingebrockt und alles im Vergleich zu Deutschland, das dann eben doch gar nicht so scheiße dasteht, noch viel schlechter gemacht hätten, als seien daran eben nicht jene Firmen schuld, die sich aus Gründen der Gewinnmaximierung gegen die Freigabe von Patenten wehren. Der deutsche Bürger, gerade noch so kritisch gegenüber seiner eigenen Politik, redet sich hier damit raus, dass eine Patentfreigabe ja nichts mehr bringen würde, da die Impfstoffproduktion den weltweiten Bedarf schneller übersteigen würde, als diese Wilden das Handwerk der Produktion lernen könnten (erneut: er sagt es nicht, aber meint es) und dass er sich dabei auf die Prognosen eben derjenigen Leute bezieht, deren Gewinnmaximierung ja gerade von der Freigabe bedroht wird, möchte er nicht sehen, genauso wenig, wie er darüber reden möchte, dass dies auch im Falle, dass es wahr ist, in letzter Konsequenz nur bedeuten würde, dass die Patente früher hätten freigegeben werden müssen; aber der Deutsche kann nun einmal sehr gut nach vorne blicken, wenn es darum geht, die Vergangenheit nicht mehr sehen zu müssen.
Insofern ist von einer Solidarität, zumal einer globalen, zumindest in Deutschland leider noch zu wenig zu merken, und was den Kapitalismus betrifft, so steht zu befürchten, dass am Ende mal wieder nur gesehen wird, dass es „uns“ dank ihm relativ gut geht, d.h. besser als den Inder*innen, während die Tatsache, dass es allen, die Deutschen eingeschlossen, aufgrund dieser Ordnung aber nun einmal absolut betrachtet nie besser gehen kann als jetzt, ignoriert wird – dass vor dem „relativ gut“ niemals ein „nur“ steht, ist Ausdruck dessen.
Wie das Ganze am Ende ausgehen wird, weiß ich nicht; aber fast möchte man eben doch mal wünschen, dass der Marxismus recht hätte, denn das würde einem wenigstens die Hoffnung geben, an der es derzeit mangeln mag.
Kommentare 3
Mandelev
Die ausgekochten Menschen kommen aus der Abendschule. Außerdem habe ich schon gegessen und bin satt.
Aus Historikersicht sehe ich keine Probleme mit dem Essay.
Flocon
Immer noch mehr Punkte als Absätze im Essay, ich bin schockiert. (Es sind übrigens neun Satzschlusspunkte, wenn ich mich nicht verzählt habe.)
Venelia
nah mag keine Bananen