Berliner mit Bolognese

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“

„Kein Gott. Kein Staat. Mein Glied wird nicht hart.“

-Sun Tzu


Ein Eckpfeiler weißer Leitkultur ist seit jeher das Kombinieren und von süßen und salzigen Sachen, um sich als „not like the other girls“ zu präsentieren. Aber anstatt dieses Konzept in wohlschmeckende, ausgeglichene Gerichte, wie Platzhalter in süß-saurer Soße, umzusetzen, kombiniert man stattdessen irgendwie Pommes mit Vanilleeis oder Salamibrote mit Schoko, was alles zwar okay, aber definitiv nicht geil ist, wie Fahrradfahren im Winter oder die deutsche Mittelschicht. Dieser Take wurde Ihnen präsentiert von der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG.


Neulich wurde mir ein Video in die Timeline gespült, in dem es darum ging, dass es in irgendwelchen Hinterwäldlerstaaten in den USA (ich weiß, das grenzt es nicht wirklich ein) ein Ding ist, Zimtrollen mit Chili con Carne zu essen. Das klingt erstmal sehr geil, was ich nur sage, weil ich nicht wie so’n random 17-Jähriger aus ‘ner High-School-Serie „ew, wie widerlich!“ rufen, denn eigentlich find ich die Vorstellung gar nicht mal so gut. Gleichermaßen will ich mir aber auch keine Meinung zu einem Thema bilden, ohne mich näher damit auseinandergesetzt zu haben, sonst könnte ich meine Energie statt in diesen Blog viel besser in einen rechtspopulistischen Twitteraccount stecken (ihr dürft mir aber trotzdem gerne Markenmode spenden).


Wir fangen mit der Wissenschaftstheorie hinter dem Gericht an: Salz hebt in mäßiger Beigabe den Geschmack von Dingen hervor, weshalb man auch eine winzige Prise Salz in Kuchenteig einrührt. Jetzt haben wir aber schon Zimtrollen, wo das gemacht worden ist. Das salzige Chili macht demnach nur noch einmal genau das, was beim Backen bereits passiert ist. Es ist also vollständig dumm und unnötig. Aber es geht bestimmt noch viel dümmer, denn wenn wir uns vor Augen führen, wie sehr die Viskosität der Soße variieren kann, muss es auch noch sehr thicces Chili sein, damit der Teig der Zimtrollen nicht komplett durchweicht und die Speise sich nicht auch noch labbrig und bereits vorverdaut im Maul anfühlt.


An der Stelle vergeht mir der Appetit zunehmend, also überlege ich mir etwas anderes. Ja, tatsächlich ist es eine Schande, dass in diesem zünftigen Blog so eine Frechheit der Kulinarik vorgestellt werden soll! Außerdem macht es auch nur bedingt Spaß, etwas zu präsentieren, was vielerorts im englischsprachigen Internet schon auseinanderdiskutiert wurde. Also präsentiere ich an dieser Stelle etwas Zielgruppenorientiertes…nur was? Weiß ja nicht, ob ihr die leichte Lakritznote beim Lesen gespürt habt, aber ich befinde mich derzeit auf unbestimmte Zeit im Norden™ und hatte daher als Initialgedanken, eine regionale Delikatesse mit der fleischigen Versuchung zu paaren: das Franzbrötchen! Bei meiner Recherche habe ich nämlich gelernt, dass Franzbrötchen ein süßes Plundergebäck aus dem Hamburger Großraum sind, d.h. eine regionale Spezialität – wahrlich identitätsstiftend! Doch das ist ein Problem: Meine geneigte Leserschaft stammt mitnichten bloß aus einer Region, sondern ist international und multikulturell. Folglich wäre es ein Fauxpas sondergleichen, diese Gelegenheit nicht zu nutzen, um gemeinsamen Grund zu finden und dieses Experiment nicht auf Basis einer Delikatesse zu fundieren, welche nicht von Kosmopolit:innen aus Ost und West und Süd und Nord gleichermaßen geschätzt wird. Die einzig logische Konsequenz aus diesem Gedanken ist letztlich, als teigige Grundlage für dieses Werk der Fusionsküche den Puffel (auch Krapfen, Kräppel, Berliner (Ballen oder Pfannkuchen) oder gefülltes Siedegebäck) zu nehmen. Der eigentliche Grund, wieso ich keine Franzbrötchen genommen hab, ist btw, dass ich in 7 verschiedenen Läden war und es nirgendwo welche gab. Meine Freundin zweifelt deswegen mittlerweile ganz an der Identität dieser Süßspeise.


Zu Komponente Nr. 2: Weil klassisches Ragù alla Bolognese aber, nun, aus Bologna stammt, muss ich am Rezept noch ein paar Veränderungen vornehmen, um es dem deutschen Boomer-Gaumen zugänglicher zu machen. Ich verwende hierfür Ragù al bugigattolo polveroso di Jacqueline (dt. meine Hacksoße aus dem staubigen Kabuff), was im Wesentlichen so funktioniert:


  • 400 g Hack
  • 700 g happened tomatoes
  • 1 sphärische Zwiebel mit Ø 10 cm
  • oder
  • 8 Zwiebeln mit Ø 5 cm
  • oder
  • 2,37 Zwiebeln mit Ø 7,5 cm
  • oder
  • 1 kubische Zwiebel mit 8,06 cm Seitenlänge
  • viel zu viel Knoblauchpulver und niemals nie frischen Knoblauch
  • 1 EL Paprikapulver
  • ein Glas™ mehr oder weniger trockener Rotwein
  • 2 Lorbeerblätter
  • Prise Zimt
  • Prise Zucker
  • Salz
  • Pfeffer
  • Olivenöl


Öl in den Topf, Zwiebeln in den Topf, Hack in den Topf, braten und den Rest dazu. Das Tollste an der Soße ist, dass es keine Bolognese ist und folglich kein Student aus Berlin-Kreuzberg durch mein Fenster springt, wenn ich den Herd nicht mindestens 48 Stunden lang anlasse. Wichtig ist für die Umsetzung in diesem Rezept eigentlich nur, dass man anständig Flüssigkeit verdunsten lässt, sonst hat man am Ende matschige Puffel und das will wohl wirklich niemand. Letztere machen wir an der Stelle nicht selbst, sondern kaufen sie beim Ausbeuterbetrieb unseres Vertrauens.


Wer bis hierhin nicht gelesen hat, hat auch nix verpasst, aber jetzt wird erstmal die Aberration angerichtet, schön auf dem Teller drapiert, mhh, ja, so mag ich das, komm zu Mama, du geile F**kstulle. Was. Was? Ich ess das jetzt wirklich!


Verzehrt wird natürlich mit Messer und Gabel, denn ein bisschen vermeintliche Kultiviertheit will an dieser Stelle gewahrt bleiben. Der Vorteil: Ich weiß vorab, ob ich ein Stück mit oder ohne Marmelade erwische und kann dem Genuss mit entsprechender Vorfreude entgegenfiebern. Das erste Randstück ist sogleich eines, das nur so vor Mehrfruchtfüllung trieft. Ich führe den Bissen zwischen meinen Lippen hindurch, hach- Nun, von der Nicht-Bolognese merke ich nicht viel. Die schwere fruchtige Süße, die mit wenig Balance daherkommt, erfährt auch durch die hintergründigen pikanten Fleischnoten keinen Aufschwung. Viel mehr sorgt die Textur des faschierten Rindfleischs lediglich für ein angepassten Mundgefühl, bleibt der Geschmack doch bloß der eines gewöhnlichen Krapfens. Er mundet nicht mehr und nicht weniger, als hätte ich auf die Zwei-Komponenten-Lösung verzichtet.


Vielleicht kann eine von Marmelade unbefangene Stelle ja Klarheit schaffen, ob denn zumindest die pure Teigerfahrung nebst Tomatensoß‘ ein relevantes Erlebnis bietet. Nun, hier verkehrt sich der Sachverhalt ins Gegenteil, sodass die Pseudo-Bolognese klarer Star des Gerichts ist. Der Teig verkümmert zu einer flaumigen Pasta, die sich nach dem Erstkontakt mit dem Mundinnenleben ihrer leichten Süße entledigt und somit gegenüber der traditionellen Nudel weder gewinnt noch verliert. Insgesamt schockiert es regelrecht, wie disharmonisch sich Puffel und Beinahe-Bolognese davor sträuben, auch nur die entfernteste Synergieeffekte zu entwickeln, als würde man auf zwei magnetischen Positivpolen kauen.


Tja, liebe Leute, hier habt ihr’s: Ein weiteres Mal haben sich die USA kulinarisch komplett blamiert. Gourmet-Meinung hier ist ganz klar. Da kann man nur 5/10 Punkten vergeben. So viel Mittelmaß ist nicht zu fassen. Da steig ich gleich in meinen weißen VW Golf und fahre mit 80 km/h die Kreisstraße entlang, um dem Vibe Bestand zu verleihen. Bis dann.

Kommentare 2