Auch ich bin jetzt gegen ein kleines Unternehmen mit gerade mal 16 Angestellten und glaube, dass es im Alleingang sämtliche Videospiele ruiniert

Gegen das kleine Unternehmen „Sweet Baby Inc“ wird derzeit eine Hetzkampagne im Stil von Gamergate geführt, die dementsprechend (auch von denen, die sie initiieren) schon als „Gamergate 2.0“ bezeichnet wird. So stellte es sich zumindest anfangs für mich dar. Doch Posts hier im BisaBoard haben mich vom Gegenteil überzeugt.


Auch ich muss mich hin und wieder dazu bekennen, Dinge falsch eingeschätzt zu haben, und genau um so einen Fall soll es hier nun gehen. Zunächst einmal muss ich darstellen, inwiefern ich mich genau geirrt habe. Wie einige vielleicht mitbekommen haben (siehe etwa hier), gibt es derzeit eine sogenannte „Hetzkampagne“ gegen das Unternehmen „Sweet Baby Inc“. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein von 16 Leuten betriebene Firma, die Beratung unter anderem für die narrativen Aspekt von Videospielen anbietet, mit dem Ziel, für mehr Inklusion und Diversität zu sorgen. Bereits hier hätten rückblickend natürlich schon meine Alarmglocken schrillen müssen – wenn sich das mal ganz ruhig durchgelesen wird, fällt direkt auf, wie finster und gruselig das klingt. Ich schäme mich aufrichtig dafür, dass mir das durchgegangen ist; ich möchte vor Selbsthass über diesen unverzeihlichen Fehler direkt eine ganze Flasche Bleichmittel exen.


Jedenfalls, vor Kurzem wurde eine Gruppe auf Steam gegründet, die sämtliche Spiele, an denen das fragliche Unternehmen jemals gearbeitet hatte, auflistete und innerhalb derer aktiv dazu aufgerufen wurde, alles zu boykottieren, womit diese Firma jemals in Berührung gekommen war. Die Botschaft: Diese Firma trage die Schuld an einem qualitativen Abfall von Videospielen. Nun war ich – natürlich ungerechtfertigterweise, wie ich jetzt eingestehe – erst einmal skeptisch, waren doch längst nicht alle Spiele, an denen die Firma gearbeitet hatte, Flops gewesen; und war da nicht schon lange vor der Steam-Gruppe eine verschwörungsideologisch geprägte Kampagne gegen die Firma gestartet worden, die sich allem Anschein nach jetzt nur mit dieser Gruppe, in der sich besagte Verschwörungsmythen ebenfalls finden ließen (bevor sie gelöscht wurden), nahtlos fortzusetzen schien? Ja, so dachte ich mir, der Fall liegt doch klar auf der Hand: Ein Haufen rechtsextremer und rassistischer Vollpfosten will mal wieder nicht akzeptieren, dass Videospiele diverser werden, und weil sie einerseits nicht offen zeigen wollen, dass sie rassistisch sind, erfinden sie irgendwas von „mangelnder Qualität“, und weil sie sich mit den tatsächlich mächtigen Videospielfirmen nicht anlegen möchten bzw. wissen, dass das zum Scheitern verurteilt ist, markieren sie lieber ein winzig kleines Unternehmen mit absolut überschaubarem Einfluss, der ohnehin über Beratung (die angenommen werden kann oder nicht) nicht hinausgeht, als das Ziel, als „das eine Böse“, das ausradiert werden muss, anstatt auch nur einmal darüber nachzudenken, dass, so es denn eine abfallende Qualität bei Videospielen gibt, diese vielleicht eher durch „corporate greed“ und nicht durch die Aktionen eines sechzehnköpfigen Unternehmens bedingt ist. Und wie peinlich, dachte ich weiter, dass dann Leute, die vielleicht nicht unbedingt rassistisch oder rechtsextrem sind, auf diese offensichtliche Nebelkerze auch noch reinfallen. Ausgelacht habe ich diese Volldeppen, als die leichtgläubigsten und selbstverschuldet unmündigsten Kleingeister auf diesem Planeten.


Mittlerweile aber ist mir das Lachen vergangen. Denn hier im Forum habe ich Schockierendes über „Sweet Baby Inc“ erfahren. Wie dieser Post mitteilt, ist diese Firma nämlich – setzt euch bitte hin und haltet euch zur Vorsicht auch an der Schreibtischkante fest, wenn ihr das Folgende lest – „bei weitem nicht so normal wie die Journalisten da gerne schreiben“ (!!!!!!!!!!!!!!!). Als ich das las, musste ich erst einmal heftig schlucken. Das änderte alles für mich. Hatte ich mich wirklich so stark geirrt? War diese Firma wirklich „nicht normal“? Ich wollte es nicht glauben. Ich konnte es nicht glauben. Doch es ging sogar noch weiter. In einem anderen Beitrag schrieb ein User, die Firma sei nun einmal in der Tat an vielen Flops beteiligt gewesen, zum Beispiel „Suicide Squad“ und noch einem anderen Spiel, das mittlerweile aus dem Post herauseditiert wurde, weil die Firma daran doch nicht beteiligt war. Und ja: „Suicide Squad“ war tatsächlich überwiegend negativ aufgefasst worden, wegen des Gameplays, auf das „Sweet Baby Inc“ als Beratungsfirma mit Schwerpunkt auf Narrativen sicher irgendwie Einfluss hatte. Diese überwältigende Auswahl an zahllosen Beispielen gibt ein eindeutiges Muster vor: Wenn „Sweet Baby Inc“ an irgendetwas beteiligt ist, dann floppt es grandios. Das war jetzt eindeutig klar. Und von diesem Zusammenhang kann natürlich auch eindeutig auf eine Kausalität geschlossen werden. Im Lateinischen gibt es für diese unzweifelhafte Logik sogar einen Ausdruck: „Cum hoc, ergo propter hoc“. Ich musste mich dieser lückenlosen Beweisführung beugen, musste dem zwanglosen Zwang des besseren Arguments nachgeben und eingestehen: Dieses sechzehnköpfige Unternehmen ruiniert wirklich unsere Videospiele. Auch meine eigenen weiteren Recherchen förderten nichts Gutes zutage: Erinnert ihr euch noch, wie ich oben erfahren habe, dass die Firma „nicht normal“ ist? Nun, als ich selbst mal nach Informationen gesucht habe, ist mir etwas noch viel Schlimmeres mitgeteilt worden. Nicht nur ist diese Firma „nicht normal“, nein: Bei dieser Firma ist anscheinend sogar „irgendetwas faul“. Es ist unfassbar: Da denkst du, du hast schon in den tiefsten Abgrund gesehen, und dann folgt ein noch viel tieferer.


Natürlich werden jetzt wieder die Arschlöcher mit ihren Einwänden aus den Löchern kriechen und versuchen, „Sweet Baby Inc“ als unschuldiges Opfer darzustellen. Aber sind sie so unschuldig? Denn nachdem die „Belästigungen“ letzten Oktober gegen „Sweet Baby Inc“ begonnen hatten und nun Ende Januar die Steam-Gruppe als Fortsetzung der „Kampagne“ gegründet worden war, hat die Beratungsfirma die Steam-Gruppe outgecallt und dazu aufgerufen, den Account des Erstellers zu melden. Und das geht doch wohl gar nicht! Wie können die es wagen? Sie haben damit völlig ohne jede Provokation eine Hasskampagne gegen diesen armen Kämpfer gegen sinkende Qualität von Videospielen gestartet. Sorry, aber wer Opfer einer „Hetzkampagne“ und von „Belästigungen“ ist, der wehrt sich nicht dagegen, sondern hat das gefälligst einfach auszuhalten. Hier zeigt sich ganz klar, wie rücksichtlos das Unternehmen ist und wie es praktisch über Leichen geht. Ich sage es, wie es ist: Wer sich auf die Art gegen eine verschwörungsideologisch motivierte Steam-Gruppe wehrt, der hat die vorangegangenen Belästigungen allesamt auch verdient.


Nun mögen einige Folgendes einwenden: Mache ich mich nicht – eben wie damals viele „Gemäßigte“ bei der ursprünglichen Gamergate-Kampagne – zum Gehilfen von Rechtsextremen und Rassisten, wenn ich mich zwar von denen distanziere (das tue ich hiermit ganz ausdrücklich!), aber ihr Narrativ in im Grunde unveränderter Form übernehme. Bin ich damit nicht ihr Feigenblatt, auf das sie jedes Mal zeigen und sagen können „Seht her, auch normale Leute finden, dass wir schon irgendwie recht haben?“, ja, muss ich deswegen nicht deutlich vorsichtiger sein, wenn ich behaupte, ein Unternehmen mit weniger Angestellten als das koreanische Schnellrestaurant eine Straßenecke weiter sei verantwortlich für den NIEDERGANG VON VIDEOSPIELEN? Ich sage: Nur weil diese Narrative von Rechtsextremen in die Welt gesetzt wurden, heißt das nicht, dass ich sie nicht doch einfach glauben darf. Überhaupt, es ist doch gut, wenn ich denen das wegnehme. Dann haben die nichts mehr. Ja, ich bekämpfe hier gerade den Einfluss dieser Leute viel mehr als die ganzen linksgespülten Weicheier, die sich heulend vor dieses abartige Unternehmen werfen und es auch noch verteidigen.


Wir Gamer haben lange genug schweigend zugesehen, wie unser einziger Lebensinhalt ruiniert wird. Und deswegen müssen wir, als die am meisten marginalisierte Gruppe auf diesem Planeten, endlich aktiv werden und uns zurückholen, was uns gehört. Das können wir nur erreichen, in dem wir diese winzige Firma auslöschen. Wenn wir das tun, wird die Sonne wieder scheinen, aber hoffentlich nicht direkt auf unsere Bildschirme, sodass wir nichts mehr erkennen können. Wir werden ein neues glorreiches Zeitalter der Videospiele erleben, eines, das nicht mehr beherrscht wird von irgendwelchen dubiosen Kleinfirmen, sondern ausschließlich von mafiösen Großkonzernen – so, wie es in der guten alten Zeit immer war und auch immer sein soll.

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