Carmona Microphylla (Fukientee)

Unter allen meinen Pflanzen im Heim nehmen Bonsais für mich einen besonderen Stellenwert ein. Angefangen hatte das Hobby für mich, als mein Freund-bald-Ehepartner bei seinem Einzug zwei Ficus Ginseng mitgebracht hatte. Er hatte ursprünglich mit dem Bonsaihobby anfangen wollen, doch er hatte immer viel zu viel Angst davor, die Pflanzen zu beschneiden und ihnen eventuell unwiderruflich zu schaden. (Blessed be his gentle soul… <3)

Also hab ich das dann mal in die Hand genommen, weil mir die drahtige Gestalt der Ginsengs durch nie erfolgte Beschneidung nicht gefiel, und jetzt sind wir hier.




Die Ficus Ginseng sind aber ein andermal dran. Das ist stattdessen die erste meiner Pflanzen, die ich in diesem Blog vorstellen möchte: Mein Fukientee, den ich manchmal in meinem Kopf aus unerfindlichen Gründen Fubuki nenne. Bedeutungstechnisch passt der Name eigentlich nicht. Allerdings war Fuki als Spitzname einfach… yeah. Da ließe sich viel zu leicht noch gedanklich ein c reinmogeln lol


Gefunden hatte ich Fubuki in einem lokalen Baumarkt, wo es ihr echt gar nicht gut ging. Sie hatte ihr Heim in einem merkwürdigen Übertopf mit Steinoptik, den ich am liebsten beim Kauf weggelassen hätte, aber da war halt der Barcode dran und er war im Preis inbegriffen.




Allgemein muss man beim Kauf von Baumarkt-Pflanzen sowieso Vorsicht walten lassen. Insbesondere bei Bonsai. Die dekorativen Miniaturbäume brauchen den größten Zeit- und Geduldaufwand von allen Zierpflanzen. Das ist genau das Gegenteil von Baumarkt- und Gartencenter-Ware, die für den schnell-attraktiven Impulskauf massengefertigt wird. Fubuki kam wahrscheinlich irgendwo aus Vietnam, wo sie mit der Intention schnell aufgezüchtet wurde, sie an einen Laien für den Schreibtisch zu verkaufen und dann nach ein paar Monaten dort einzugehen.


Carmona microphylla sind immergrüne Pflanzen von der Südhalbkugel/nahe Äquator, deren bevorzugte Lebensweise sich hier in Deutschland nur schwer nachbilden lässt. Sie wollen Wärme, viel Licht und hohe Luftfeuchtigkeit. Dazu kommt, dass sie außerhalb des Topfes eigentlich 1 bis 3 Meter groß werden, daher muss - wie bei allen Bonsai - die Wasser- und Nährstoffzufuhr gut abgestimmt sein. Schließlich ist ihre Genetik auf ganz andere Größen ausgelegt.


Fubuki steht bei mir am Südfenster, wo sie die größtmögliche Lichtzufuhr in meinem Heim erhält. Ich besprühe sie mindestens einmal am Tag mit kalkfreiem Wasser. Im Winter werde ich ihr mit einer Pflanzenlampe mehr Licht ermöglichen, damit sie mir in der dunkleren Jahreszeit nicht eingeht.


Nach ihrem Kauf im Baumarkt habe ich sie erst mal in einen größeren Behälter umgetopft, da ihr Substrat zu 80% nur noch aus Wurzeln bestand. So sah sie dann aus:



Das war noch zu meiner Zeit als Bonsai-Anfänger, daher hatte ich weder die richtige Erde noch ein richtiges Gefäß für sie. Ich hatte sie in einer Mischung ihrer lehmigen Ursprungserde und einer größeren Menge Seramis gepflanzt, damit sie immerhin mehr atmen konnte und mir ohne passende Drainage nicht bei ihrem hohen Wasserbedarf ersäuft.

Trotzdem konnte ich gleich sehen, dass sie nicht gut und mit wenigen Gedanken dahinter gepflegt worden war. Es war überhaupt keine der Bonsai-Gestaltungsformen an ihr zu erkennen, auch ihre Rinde war teils venarbt. Fubuki hatte einen merkwürdigen „Doppelstamm“: Ein äußerst dicker Ast wuchs geradlinig an einer Seite empor, der mit dem Hauptstamm konkurrierte. Jener war aus irgendeinem Grund spiralförmig gedrahtet worden. Sie hatte schon lange keinen gezielten Rückschnitt mehr erfahren, ihre Krone wuchs in einem sehr chaotisch verzweigten Netz. Die zwei dicksten Äste konkurrierten miteinander und nahmen sich den Platz weg, so rieb die Borke aneinander. Alles in allem ein Trauerspiel.


Dennoch hatte mich Fubukis wilder Charakter entzückt, vor allem da ihre Art ganzjährig weiße Blüten trägt. Ich liebe blühende Pflanzen einfach. Also nahm ich es mir vor, sie zu meinem ersten Drahtungs-Projekt bei Bonsais werden zu lassen. Wenn sie dabei eingehen würde, war es die Erfahrung auf jeden Fall wert und die 10 Euro auch nicht zu schade, haha… Auch wenn ich dann trotzdem sehr traurig wäre. Sie ist mir ans Herz gewachsen :(


Eigentlich wollte ich bis zum nächsten Monatslohn warten, um mir das nötige Equipment zu beschaffen, aber dann hatte die minderwertige Lehmerde angefangen zu schimmeln und nach jedem Gießen höllisch zu stinken. Der Gestank war echt so schlimm, dass er mir nach einem whiff Kopfschmerzen bereitete. Daher musste ich schnell handeln, bevor dieser Schimmel Fubukis Wurzelsystem noch schaden würde.


Der Kram wurde also online bestellt, vorgestern kam er an. Da hatte ich sie dann umgetopft und verdrahtet. Das war das Ergebnis:



Mir war von Anfang an klar, dass ich Fubukis konkurrierende Äste so nicht stehen lassen konnte. Als ich probeweise versuchte, sie auseinanderzuziehen, neigte sich der Baum stark zur Seite. So kam ich dann auf die Idee, Fubuki in einer Halbkaskade (Han-Kengai) wachsen zu lassen, bei der ich den Nebenzweig weiter runterziehe und den Hauptzweig als Lastenträger semi-aufrecht stehen lasse.

Ich denke, man sieht sehr gut, wie amaturhaft mein Versuch ist, Fubuki zu drahten. Teils hatte ich den Draht auch blöd abgeschnitten, diese Mehrfach-Verdrahtung ganz rechts darf man eigentlich auf keinen Fall machen.

Fukientee ist nach der Verholzung auch viel sperriger als viele andere Bäume/Sträucher, daher eignet sich diese Art nicht gut zum drahten. Aber mein Ehrgeiz für die Gestaltungsform war schlicht und ergreifend geweckt. Es fühlte sich wie etwas an, zu dem Fubuki auch wachsen wollen würde. Ich hoffe mal, das schadet ihr nicht allzu sehr. Noch trägt sie jedenfalls munter grüne Blätter und zeigt auch keine anderen Mangelerscheinungen.


In diesem neuen Gefäß ist sie nun (fast) aus dem Großteil Seramis draußen. Seramis bildet die unterste Schicht vom Topf als zusätzliche Drainage. Ihr Hauptsubstrat stellt nun die Indoor TerraSai-Mischung von der Bonsaischule Enger dar. Bin schon gespannt, wie sie sich darin macht.



Das war dann die Vorstellung meines ersten Pflänzchens für diesen Blog. Weitere Vorstellungen werden sporadisch folgen, eventuell gibt es auch mal Updates von bereits vorgestellten Pflanzen. Ich hoffe, ihr hattet etwas Spaß daran, meiner wahllos eingetippten Hyperfixation-Hirngrütze zu diesem Thema zu folgen :3


Liebe Grüße

HermitFox