6 Minuten

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“

„Es waren 6 Minuten“

oder „Geschichten von der Unfähigkeit eines Zuges, zu fahren“


Es waren sechs Minuten. Es wurden fünfzig.

Um das zu verstehen sollte ich vielleicht erklären, dass ich nicht in der gleichen Stadt wohne, wie ich studiere. Und noch nicht einmal in dem Gebiet, in dem mein Semesterticket gilt. Daraus resultieren zwei Dinge: Erstens, ich pendle und zweitens, ich muss dafür extra bezahlen (immer noch günstiger, aber gut). Innerhalb der Semesterferien möchte ich also nicht zu häufig zur Uni fahren, um nichts zusätzlich zu bezahlen. Manchmal ist das aber nicht zu vermeiden und so kam es, dass ich mich, um Geld zu sparen, zum nächsten Bahnhof fahren ließ, um dort in den Zug zu fahren. Als ich dort ankam, hatte ich noch etwa sechs Minuten, bis mein Zug fahren sollte.

Das erste, was ich gesehen habe, als ich zum Gleis kam, war die Anzeige, dass der Zug nach meinem zusätzliche Halts einlegen würde. Eigentlich hätte mich das schon stutzig machen sollen, aber im ersten Moment war ich nur froh, dass es nicht meine Fahrt betraf. Tja, hätte ich mal länger hingeguckt, denn diese Anzeige lief abwechselnd mit der, dass meine Bahn gleich komplett ausfiele. Aufgrund von Bauarbeiten. Das war zwar kacke und hat mich auch sehr geärgert, aber ich hielt es für nicht so schlimm. Ist mir halt auch schon ein paarmal passiert und ich hing nun mal an diesem Bahnhof fest. Und jetzt war ich schon da, also wollte ich jetzt auch weiter.

Es war kalt, es war regnerisch, aber irgendwann waren die dreißig Minuten rum - währenddessen fuhren zwei Züge in die andere Richtung … - auf jeden Fall kam dann die nächste Anzeige und Durchsage: „Der RE, Abfahrt 9:18, heute ca. 15 Minuten später.“

Langsam war ich wirklich sauer. Aber was soll man tun? Also wartete ich weiter und begann, runterzuzählen. Irgendwann waren es wieder nur noch sechs Minuten, als die Minutenanzahl an Verspätung um fünf Minuten erhöht wurde. Im Endeffekt waren es sechs Minuten. Nach 51 Minuten kam dann also der Zug, der eine halbe Stunde nach dem Fahren sollte, der ausgefallen war. Und als ich dann im Zug war, durfte ich erfahren, dass die Verspätung wegen einer Signalstörung zustande kam, die aufgrund der Bauarbeiten passierte. Welch ein großartiger Tag!

(Vielleicht sollte ich der Vollständigkeit halber noch erwähnen, dass ich dadurch fast die Öffnungszeit des Geschäftszimmers verpasst hätte und der Zug, mit dem ich im Endeffekt wieder zurückfahren wollte, auch wieder ausfiel. Aber ansonsten hat die Deutsche Bahn wunderbare Arbeit geleistet.)


Es waren sechs Minuten. Es wurden achtundzwanzig.

Wieder sollte ich vielleicht eine kurze Erklärung vorweg geben. Wenn ein Kurs meiner Uni endet, habe ich grundsätzlich 19 Minuten, bis mein Zug fährt. Und ich kann zwei Minuten, bevor er startet, drinnen sein. Manchmal sogar früher, zu oft später. (Reines Gefühl, meistens schaffe ich es, den Zug zu erwischen.)

Nun hatte die S-Bahn, die mich zum Hauptbahnhof bringen sollte, auf der Strecke gehalten, weil das Gleis belegt war. So weit, so gut. Ich hatte ja noch sechs Minuten, bis mein Zug fahren sollte. Alles entspannt. Manchmal hab ich an der Stelle nur noch vier. Dann hätte ich mir Sorgen gemacht. Ich kam also recht gut im Zeitplan am Bahnhof an und beeilte mich, das Gleis zu wechseln, nur um zu sehen, dass der Zug wegen Personen im Gleis ca. 10 Minuten Verspätung haben sollte. Ich habe keine Ahnung, warum ich das so entspannt angenommen habe, vielleicht wegen der oben beschriebenen Geschehnisse, gegen die zehn Minuten echt nicht mithalten können.

Als ich in die Bahn stieg, ertönte eine Durchsage, welche uns wissen ließ, dass wir uns wegen spielender Kinder auf dem Gleis verspäteten. Das war ein erstaunlich nachvollziehbarer Grund. (Definitiv etwas, was man besser verstehen konnte, als eine Signalstörung aufgrund von Bauarbeiten …)

Mit sechs Minuten Verspätung fuhr der Zug dann los. Alles kein Problem. Wenn wir nicht keine fünf Minuten später wieder im nächsten Bahnhof ungeplant zum Halten gekommen wären. Und im übernächsten. Und dann nochmal mitten auf der Strecke. Irgendwann hatte ich keine Ahnung mehr, ob wir überhaupt irgendwann unsere normale Geschwindigkeit erreichen würden. Taten wir – ungefähr sechs Minuten, ehe wir noch ein weiteres Mal zum Stehen kamen. Ja …

Wir kamen dann mit ungefähr einer halben Stunde Verspätung im Zielbahnhof an. Und ich war noch immer deutlich weniger genervt als sonst. Keine Ahnung warum.


Es waren sechs Minuten. Es wurden zweiunddreißig.

Zwischen den beiden oben beschriebenen Ereignissen lag ein Dienstagmorgen, an dem der Zug, mit dem ich fahren wollte, ziemlich unspektakulär ausfiel. Nun kam der nächste Dienstagmorgen und der gleiche Zug fiel aus – mit dem ich aber nicht fahren wollte. Ich hatte schon den folgenden Zug eingeplant und war sehr froh darüber, als ich am Bahnhof ankam und sah, dass der vorherige Zug 20 Minuten Verspätung hatte. Ich hatte sogar kurz überlegt, doch noch mit dem zu fahren, aber dieser Gedanke erledigte sich fast sofort, da die Durchsage kam, er fiele aus. So weit, so gut, ich wollte ja eh mit dem anderen fahren. Ich ging also auf das andere Gleis, auf dem die Bahn ausgewichen war, und stieg in den Zug, der in sechs Minuten abfahren sollte. (Und hatte schon so ein Gefühl, dass das doch nichts werden könne.)

Kurze Zeit später strömten die Massen aus dem anderen Zug die Treppen hinunter – und dennoch blieb der Platz neben mit frei. Offensichtlich waren es doch nicht so große Massen, wie es schien – auf jeden Fall saßen wir dann alle in diesem Zug, welchem inzwischen auch 15 Minuten Verspätung angezeigt wurden. Darüber war ich deutlich verärgerter als über die vorhergegangene Verspätung. Vor allem, als es dann 20 Minuten wurden. („Ich hasse Dienstagmorgen“ oder „Ich soll wohl Dienstagmorgen nicht Zugfahren“ waren so Gedanken, die mir durch den Kopf gingen.) Wahrscheinlich, weil ich diesmal auf dem Weg zur Uni war, zu einer einstündigen Veranstaltung, die ich aufgrund der Zugverspätung zumindest zur Hälfte verpassen würde.

Ich saß also im Zug und wartete (was blieb mir auch anderes übrig), als dann die Horror-Meldung kam: Der Zug hielte nicht in seinem Zielbahnhof. Und er war die einzige Bahnverbindung zwischen diesen letzten zwei Halten. Was mich also zu der Überlegung brachte: Schaffe ich es überhaupt zu meiner zweiten Veranstaltung pünktlich zu sein? Die erste hatte ich in diesem Moment vollständig aufgegeben.

Auch die Stimmung um mich herum war nicht gerade sehr freudig, auch wenn alle erstaunlich gelassen geblieben sind, während sie im Internet nach alternativen Verbindungen und Anschlusszügen suchten und dabei auf eine sehr interessante Information stießen: Der zuvor vom Schaffner erwähnte Polizeieinsatz nahe des Bahnhofes kam zustande wegen eines verletzten Rindes. Ich bin ja auch dafür, verletzten Tieren zu helfen, aber das klingt doch sehr klischeehaft … „Meine Damen und Herrn, dass es g’rad nicht weitergeht, liegt an einer Kuh, die auf den Schienen steht“ … (Fun Fact: Damit hatte ich so ziemlich jedes Szenario aus diesem Lied bereits einmal selbst erlebt. Mit Ausnahme des „Leberkäs‘ und Softdrink für sieben Euro zehn“.)

Irgendwann fuhren wir dann doch los – mit achtundzwanzig Minuten Verspätung. Ich hatte meine Überlegung, den Zug zu verlassen, schnell wieder verworfen, weil ich ja eh weiter musste (ich hatte ja noch zumindest zwei Veranstaltungen, die ich noch besuchen könnte), und es kam tatsächlich die Erleichterung in der Durchsage, dass wir den Zielbahnhof mit halbstündiger Verspätung erreichen würden. Wir sollten also doch durchfahren! (Die Aussage einer Freundin dazu: „Die wissen also selbst nix“.)

Mit Ausnahme eines relativ abrupten Halts auf einer Brücke, der nicht lange andauerte und auch nicht kommentiert wurde, sowie eines weiteren kurz nach der Durchsage, dass wir bald im Bahnhof ankämen, verlief die Fahrt dann so, wie sie von Anfang an hätte sein sollen. Ein Problem hatten nur die Leute, welche aus dem vorherigen Zug zugestiegen waren und in dessen Extrahalt hätten aussteigen wollen, denn die Bahn hielt dort nicht noch einmal zusätzlich. Wobei mich das nicht stören sollte.

Wir kamen schließlich mit einer etwa halbstündigen Verspätung an und durften spätestens dort erfahren, dass die verbleibende Verspätung von 20 Minuten auf der Rückfahrt durch Tiere im Gleis verursacht wurde. Ich verpasste also nur die erste Hälfte meines ersten Seminars, wobei der Professor am Ende sechs Minuten überzog, sodass ich doch fast zu spät zu meiner zweiten Veranstaltung kam. Aber das ist eine andere Geschichte.

P.S. Als ich das eben genannte erlebte, hätte ich nicht gedacht, dass es einen zweiten Teil geben würde.

Am nächsten Morgen ging ich wie immer zum Bahnhof und in die Bahn, hab da sogar eine alte Klassenkameradin getroffen. Alles in allem also kein schlechter Morgen. Bis wir im nächsten Bahnhof standen und nicht weiter fuhren. „[W]enige Minuten“ hieß es bei der ersten Aussage. Und irgendwie bewahrte mich die Anwesenheit ebenjener Klassenkameradin davor, mich zu sehr aufzuregen; auch als aus den sechs Minuten vierzig wurden.

Ihr fragt euch jetzt womöglich, was das Ganze mit dem vorhergegangenen Tag zu tun hatte, warum ich das nicht als eigenständige Geschichte behandle. Nun, wie sich herausstellte, war es damals kein verletztes Rind gewesen, das die Verspätung verursacht hatte, sondern ein Reh, wie die Tageszeitung berichtete. Die ersten Erklärungen auf der Bahnseite seien falsch gewesen. Allerdings, was die ganze Sache fast noch besser (oder schlimmer) machte, hatten sie es nicht finden können. Und nun ratet mal, was am folgenden Tag die Verspätung verursachte.

Nun ja, es dauerte halt ein bisschen, bis das „Wild“ geborgen werden konnte – natürlich könnte es sich dabei auch um ein gänzlich anderes Tier handeln, aber ich fand das schon auffällig – es dauerte sogar so lange, dass der Zug gar nicht mehr bis zu seiner Endhaltestelle fahren durfte, sondern dort endete, wo er sonst überhaupt nicht gehalten hätte. Und alle Passagiere, die weiter wollten, mussten mit der langsamen Bahn fahren, die noch etwa vier weitere Stopps auf dem Weg machte. Natürlich, wir hatten ja auch sonst nichts zu tun.

Tatsächlich war es für meine Begleiterin sogar praktischer, weil sie eh wieder in die Richtung hätte fahren müssen. Ich jedoch kam eine Stunde später als geplant am Hauptbahnhof an, nur um herauszufinden, dass eine S-Bahn liegen geblieben war und ich auf die U-Bahn umsteigen musste. (Glücklicherweise sagten sie das ziemlich schnell und ich hatte dann auch eine gute Ausweichmöglichkeit.)

Am faszinierendsten fand ich aber, dass es scheinbar niemanden zu interessieren schien, dass ich mich so massiv verspätet hatte.


Es waren sechs Minuten. Und er fiel aus.

Ab und zu gibt es Züge, die tun nur so, als hätten sie Verspätung, um dann komplett den Dienst zu versagen. Dies liegt dann normalerweise wirklich an den Zügen selbst. Wenn Züge aufgrund äußerer Umstände ausfallen, dann versuchen sie es normalerweise gar nicht erst. Aber die selbstverschuldeten Verspätungen und Ausfälle sind mit die schlimmsten, weil sie eben selbstverschuldet sind.

Einmal wollte ich zu einer Referatsgruppe von einem Seminar, das nicht ganz mein Fall war. Ich mochte den Inhalt nicht und konnte absolut nicht auf einer Wellenlänge mit den anderen diskutieren – ich hab mich immer gefragt, was sie so schlimm/toll an den Sachen fanden, weil ich ihren Punkt absolut nicht nachvollziehen konnte. Auf jeden Fall war ich entsprechend eh nicht sehr motiviert, dorthin zu fahren, als dann der Zug im ersten Bahnhof hielt und nicht wieder losfuhr, bis irgendwann die Durchsage kam, er würde aufgrund einer Türstörung oder eines anderen technischen Defekts (ich weiß es nicht mehr genau) nun überhaupt nicht mehr weiterfahren und wir sollten alle aussteigen.

Nun stand ich da, eh schon verspätet und todmüde (es war mir eindeutig zu früh gewesen) und entschied, dass das ein Zeichen war, diesen Kurs abzuwählen. Tatsächlich hatte ich es noch zu keinem der Termine rechtzeitig geschafft; immer hatte die Bahn Verspätung.

Ich sagte also meiner Gruppe Bescheid, fuhr zurück und konnte mir noch nicht einmal aus Frust in der Stadt etwas kaufen, weil alle Geschäfte noch zu hatten. Ich glaube, am Ende habe ich mich wieder ins Bett gelegt. Im Nachhinein kann ich aber sagen, dass das das Beste war, was ich hätte machen können. Als ich ein Semester später das alternative Seminar belegt hatte, ging es mir viel, viel besser damit. Vielleicht hatte die Bahn ja sogar etwas richtig gemacht mit diesem Zugausfall …


Es waren sechs Minuten. Es wurde eine Odyssee.

Die ersten Geschichten fanden alle im Frühjahr statt; danach wurde es ziemlich ruhig, was die Bahn anging. Mit anderen Worten: Alle weiteren Verspätungen im Laufe des Semesters hielten sich in Grenzen. Das Schlimmste war, dass ich den Zug verpasste, weil ich dachte, ich würde ihn verpassen und mich deshalb nicht beeilte, was letztlich der Grund war, warum ich recht hatte. Das als Einleitung passt ganz gut zu der etwas älteren Geschichte voller falscher Entscheidungen. Obwohl, eigentlich war es nur eine, die dann eine Reihe des Pechs hinter sich herzog.

Es war im Winter und ich wollte nur nach Hause. Als ich aber am Bahnhof ankam, musste ich herausfinden, dass ein Güterzug auf der Strecke liegen geblieben war und deshalb erstmal keine Züge auf der Strecke führen.

Es gibt für mich zwei Wege, mit der Bahn zu fahren. Einmal direkt und einmal mit einem leichten Umweg und einmal Umsteigen. Zunächst setzte ich mich in den ersten Zug, der wieder auf der Strecke fahren sollte, auch wenn er nicht bis zur Endhaltestelle fahren sollte. Ich wartete also einige Minuten, da jedoch nicht ganz klar war, ob und wann der Zug fahren würde, in dem ich gerade auf der Treppe saß, ging ich schließlich, um mit dem anderen den Umweg zu fahren. Ich wollte halt einfach nur nach Hause.

Ich saß dann also in diesem zweiten Zug (umgeben von einer Jugendfußballmannschaft, die laut waren und ab und zu Musik anmachten) und konnte auf den anderen Zug sehen. Und ich musste ihn dabei beobachten, wie er losfuhr, während ich darauf wartete, dass meiner startete, was er schon längst hätte tun sollen, aber einfach nicht tat. Es war eine Türstörung. Ich hätte nur sechs Minuten warten müssen. Aber ich musste dabei zusehen, wie auch der nächste Direktzug bis zur Endhaltestelle losfuhr, während noch an der verdammten Türstörung gearbeitet wurde.

Wir hatten etwa sechzehn Minuten Verspätung. Das Problem daran war jedoch, dass ich nur eine sehr begrenzte Zeit zum Umsteigen hatte und sonst eine Stunde hätte warten müssen. Und ich hab mich schrecklich geärgert und wurde mir immer sicherer, dass ich den Anschlusszug verpassen würde. Vor allem, nachdem wir mitten im Nirgendwo stehen blieben (und zwar noch mehr im Nirgendwo als auf der Strecke, auf der ich sonst fahre).

Ich kann diese Geschichte nicht erzählen, ohne meine wundervolle Mutter zu erwähnen. Nachdem ich nämlich mein Dilemma ihr gegenüber erwähnt hatte, hat sie gezeigt, wie toll sie ist, als sie, obwohl sie Nachtdienst hatte, losfuhr, um mich von dem Bahnhof abzuholen, an dem ich wohl unweigerlich stranden würde. Das ist etwas, was ich ihr wohl nie vergessen werde.

Ich kam also gut sechs Minuten nach der Abfahrt meines Anschlusszuges an und musste dennoch erstmal Zeit vertreiben, bis ich abgeholt wurde. Ich holte mir also einen Kakao und eine Brezel und wartete in der Unterführung, da der Bahnhof kein eigenes Gebäude hatte und es draußen zu regnen begonnen hatte. Trotz der wundervollen Unterstützung meiner Mutter kam ich so viel später zuhause an, als möglich gewesen wäre (und hab ihr mehr Umstände gemacht als nötig). Von allen Geschichten, die ich hier beschrieben habe, ist das die, über die ich mich am meisten geärgert hatte. Ich war nicht glücklich über die erste (sehr genervt sogar) und auch die dritte war keine schöne Erfahrung, auch wenn die Verspätung keine Konsequenzen hatte. Dies war die schlimmste. Vielleicht auch nur dadurch, dass sie zum Teil von mir selbstverschuldet ist, während die Bahn gefühlt nur nachgetreten hatte, während ich schon am Boden lag.


Es waren sechs Minuten. Es wurden minus-eine oder zwölf. Je nachdem.

Eigentlich sollte der Eintrag über diesem der letzte in dem Artikel sein. Er wirkte auch sehr abschließend, nicht wahr? Aber das Problem war, das gerade, als ich ihn beenden wollte, doch noch eine Verspätung dazukam. Wieder absolut keine schlimme, aber eine nervige.

Ich hab ja schon gesagt, dass ich nicht wahnsinnig viel Zeit zwischen dem Ende meiner Seminare und dem Start des Zuges habe. Wenn also überzogen wird, weiß ich, dass ich laufen muss oder meinen Zug verpasse. Ich hatte mich an diesem Tag fürs Laufen entschieden, weil ich echt keine Lust aufs Warten hatte. Ich kam ziemlich gut durch, traf eine Freundin, konnte mich sogar noch zwei Sekunden mit ihr unterhalten und trotzdem die frühere S-Bahn bekommen. Mit anderen Worten: Alles super. Stimmt’s? Na ja fast.

Ich kam also am Bahnhof an und hatte sechs Minuten zum Umsteigen. Völlig entspannt. Ich sah den Zug, zu dem ich musste, und machte mich auf den Weg, nur um dann festzustellen, dass da irgendwas stand. Zuerst dachte ich an einen zusätzlichen Halt, was in letzter Zeit tatsächlich häufiger vorgekommen war. Aber nein, es hieß, es seien Personen im Gleis und der Zug hätte ca. 25 Minuten Verspätung. Bevor ich innerlich deswegen stöhnen konnte, fiel mir auf, dass es der Zug vor meinem war. Dieser hatte also Verspätung bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich dort stand.

Auf dem Weg zum Gleis (mit viel zu vielen viel zu langsamen Personen vor mir) bemerkte ich, dass nur noch eine Tür zwanghaft aufgehalten wurde. Alle anderen waren schon dicht. (Das ist übrigens die schlimmste Art einen Zug zu verpassen: Wenn er noch da steht, aber die Türen nicht mehr aufgehen.) Als ich schließlich endlich unten ankam, war besagte Gruppe allerdings bereits komplett eingestiegen und die Türen zu. Also blieb mir nichts anderes übrig, als auf den nächsten Zug zu warten.

Doch trotz der starken Verspätung des vorhergehenden Zuges, fuhr der nächste relativ pünktlich. „Aufgrund eines fehlenden Wagens hat unser Zug aktuell acht Minuten Verspätung“, sagte der Zugführer, als wir je nach Uhr auch neun oder zehn Minuten Verspätung hätten haben können. Viel interessanter war aber der Grund, den er nannte. Ein fehlender Wagen? Das macht die Verspätung aus? Und was ist mit den Personen im Gleis, wegen derer der vorherige Zug nicht abfahren konnte? Hatten die auf diesen Zug keinen Einfluss?

Fragen über Fragen, die ich mir einfach nicht erklären konnte. Und eine der seltsamsten Erklärungen, die ich jemals zu hören bekommen hatte.

Aber es kam noch dicker. Denn als nächstes bekam ich erklärt, dass es ab dem folgenden Tag zu Zugausfällen auf meiner Strecke kommen könnte. Ich hatte nur noch anderthalb Wochen, ich musste nur noch sieben Mal die Strecke hin und zurück fahren und noch nicht einmal das sollte funktionieren … Aber zumindest wurde es mir vorher gesagt. Wenn ich das bei den letzten Bauarbeiten auch vorher gewusst hätte, vielleicht wäre dann dieser Artikel überhaupt nicht zustande gekommen. Wer weiß.

Als ich also, wie vom Schaffner vorgeschlagen, mal ins Internet ging, um zu sehen, ob mein Zug am nächsten Tag normal fahren würde, war auf der Seite der Deutschen Bahn nichts, was auch nur im Entferntesten auf Bauarbeiten, Zugausfälle oder Verspätungen hinwies. Nichts. Alle Züge wurden ganz normal angezeigt. Bei vierzehn verbleibenden Fahrten hatte ich aber auch keine Lust, jede einzeln zu testen. Also überlegte ich, vielleicht meine positiven Worte wieder zurückzunehmen. Es hatte aktuell nichts gebracht, von den Bauarbeiten zu wissen.

„Leider kommt es auch in der Weiterfahrt zu einer Verspätung“ – Okay. Es liege an der hohen Auslastung der Strecke, nachdem die Sperrung aufgehoben worden war. Ist ja irgendwie logisch. Und sicherlich ein weiterer Grund, warum manche Züge ausfallen. Wenn man zu spät dran ist, gibt es einfach logistische Probleme. Aber Logik ist halt einfach vollkommen irrelevant, wenn man einfach nur nach Hause will. Oder pünktlich irgendwo ankommen muss. Das interessiert aber wiederum auch keinen. Es wird wohl ewig so weitergehen.

P.S. Und so sollte es auch sein, auch wenn die Bestätigung einen Tag später kommen sollte, als erwartet.

Ich hatte am folgenden Tag, wie im Internet stand, tatsächlich keine Probleme – aber ich hätte die Durchsage dennoch ernst nehmen sollen, denn als ich zwei Tage später morgens zu meiner normalen Zeit zum Bahnhof kam, musste ich erfahren, dass es geänderte Abfahrtszeiten gab und mein Zug eigentlich eine Viertelstunde früher losfahren sollte. Doch obwohl ich sechs Minuten zu spät dran war für diesen Zug, stand einer auf dem Gleis, in den ich einfach rein bin. Er fuhr dann auch wirklich vier Minuten früher los, als er es nach regulärem Plan getan hätte (ich hatte mich eigentlich schon damit abgefunden, zu spät zu kommen), und kam tatsächlich pünktlich an.

Ich dachte also, dass diese Fahrplanänderung eigentlich ziemlich schlau war, um die längere Fahrtzeit auszugleichen und Anschlusszüge zu erreichen; das dachte ich aber auch nur bis ich nachmittags zurückfuhr. Denn der Zug, der nach regulärem Fahrplan mit zwanzig Minuten Standzeit „pendelte“, behielt diesen regulären Fahrplan bei und hatte natürlich definitiv Verspätung bei der durch die Bauarbeiten entstandenen eingleisigen Führung und somit auch definitiv Verspätung, wenn er danach nur fünf Minuten Standzeit zugestanden bekam.

Das klingt jetzt vielleicht etwas kompliziert, ist aber im Grunde einfach nur unlogisch und nicht mehr sinnvoll.

Am schlimmsten wurde es aber noch einen Tag später (ich war tatsächlich nur diese zwei Tage von den Bauarbeiten betroffen), als ich morgens mit dem Zug früher losfuhr, als am Tag zuvor, und dennoch später ankam. Und dann auf dem Rückweg ganz viel Zeit zum Umsteigen hatte, aber der Zug einfach nicht kam. Irgendwann wurde das Gleis geändert (kein Problem, es war nur das gegenüber), aber als er dann nach fast zwanzig Minuten Verspätung endlich einfuhr, wurde dann – dann, nicht mal irgendwie früher – eine Durchsage gemacht, dass er weiter hinten im Gleis halten würde. Was die Massen dann tatsächlich in Bewegung setzte. Einige rannten, ich ging mit schnellen Schritten und konnte mich mal wieder nur über die Bahn aufregen. Ich gehe allerdings davon aus, zu wissen, warum sie das getan haben. Nach diesem Zug mit schließlich tatsächlich zwanzig Minuten Verspätung, fiel der nächste aus – „Reisende benutzen bitte den Zug von Gleis 8“ – und dort hinten war eben noch eine Treppe, was denen, die nun zehn Minuten Umstiegszeit verloren, sicher ganz gelegen kam. Hätte man trotzdem früher ansagen können. Und nicht jeder ist zehn Minuten vor Zugabfahrt schon am Bahnhof und kann einen Zug früher nehmen. Aber das ist ein anderes Thema.

Als wir dann endlich auf der Strecke waren, war die natürlich immer noch nur eingleisig befahrbar an der Baustellenstelle und wir mussten tatsächlich auf zwei uns entgegenkommende Züge warten. Als wir schließlich im Zielbahnhof ankamen, hatten wir 47 Minuten Verspätung, was ich erst überhaupt nicht hatte glauben können – es wirkte wie so viel mehr.

Seelentau