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Es wird wohl niemals mehr ein Monat in diesem Forum vergehen, in dem nicht der lockere bequeme Angriff auf die Bemühungen von Klimaaktivist*innen aus dem bequemen Schreibtischstuhl heraus erfolgt, und warum auch nicht? Sind die Aktionen doch alle gewollt aufmerksamkeitsheischend, mitunter eben gerade deswegen manchmal auch lächerlich, und natürlich reduzieren sie nicht per se die Kohlenstoffdioxid-Emissionen, aber gerade deswegen ist es so unfassbar enervierend hier darüber zu lesen: Weil die Mehrheit ihren Sinn nicht kapiert und sich nach umfassenden Erklärungen dazu auch stets weigert, es mal irgendwann zu tun, was insofern aber nicht schlimm ist, als dass Aufmerksamkeit in der Aufmerksamkeitsökonomie nun einmal – Ausnahmen bestätigen die Regel – so oder so gut ist, das wissen auch die Marketingstrategen der Firmen, denn schließlich ist „nur keine Werbung schlechte Werbung“, und damit könnte das hier eigentlich beendet sein und sich einfach bedankt werden, denn dass der Protest Resonanz erzeugt, steht ja außer Frage.


Allerdings muss doch die Frage erlaubt sein, warum sich nun umgekehrt hier in dem Forum regelmäßig Leute selbst als die Peinlichkeiten in Person outen wollen, als die sie die Aktivist*innen sehen, und das selbst bei angeblich progressiven Leuten mit dieser unerträglichen Besserwisserei, die doch eigentlich von bürgerlichen FDP-Spießer*innen erwartet würde. Die Frage, was diese Aktion denn jetzt gegen den Klimawandel täte, war, siehe oben, schon immer eine komplett blöde; und es hat schon etwas unfreiwillig Komisches, wenn in einem Beitrag einerseits über die Aktionen, die eben auf die Implementierung struktureller Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels abzielen, hergezogen wird, und zugleich aber auch über jene, die so tun, der Klimawandel sei durch individuelles Handeln aufzuhalten, denn was bliebe dann noch als Alternative? Der Ausweg scheint dann immer zu sein, die Aktivist*innen aufzufordern, Konzerne und Politik viel direkter aufs Korn zu nehmen, und das ist nun wirklich der komplette Totalausfall, denn genau das passiert auch regelmäßig und ist aber etwas, worüber selten bis nie berichtet wird, was wiederum dem Gedanken hinter den medienwirksameren Aktionen eigentlich recht geben müsste. Wer in der Theorie bzw. eben nur vor dem Schreibtisch noch radikal ist, verlangt vielleicht, die Aktivist*innen mögen doch bitte Pipelines sprengen o.ä., mithin also: Die Straftaten begehen, für die sich eins selbst zu fein ist und nicht weggesperrt werden möchte (bei den Aktivist*innen freilich ist das okay, denn die nerven ja sowieso), indes es wohl kaum abzusehen ist, dass es im Anschluss an so etwas nicht heißen würde, dass dies linker Terror sei, der uns alle bedrohe, und sei es nur, weil dadurch die Versorgung von ein paar Tankstellen ausfalle und den dann nun eben nicht mehr Auto Fahrenden der Treibstoff fehle.


Dass der CO2-Rechner ein Instrument von BP sei, ist bekannt, tatsächlich so bekannt, dass die Wiederholung dieses Fakts in einem Tonfall, als sei das bisher Geheimwissen gewissen, nur noch mehr frustriert; aber um mal nachzudenken, wem es nützt (freilich ohne verschwörungsmythologisch zu insinuieren, dass die fraglichen Personen dahintersteckten), wenn jegliche ökologische Protestaktion als gefährlich und nervig für andere Leute geframed wird, dafür reicht das kritische Bewusstsein offenbar nach wie vor nicht, ebenso wenig wie das rhetorisch vorgeschobene Interesse zu erfahren, was denn „in den Hirnen“ von Aktivist*innen vorgehe und was überhaupt ihr Anliegen sei, nicht ausreicht, sie vielleicht einfach mal danach zu fragen oder alternativ wenigstens ihre Forderungen durchzulesen, die öffentlich zugänglich sind. Niemand weiß also so recht, was die Aktivist*innen eigentlich wollen und weiß gerade deshalb aber mit Sicherheit, dass es bestimmt nur um Selbstprofilierung geht, als sei Aktivismus nicht eben gerade aus der Verzweiflung über das reale Problem geboren, über das nun ja von den Leuten auch niemand sprechen will, was zugegebenermaßen nicht verwundert, wird aus Diskussionen über den Klimawandel in diesem Forum zuverlässig irgendwann nichts anderes als das Anschreiben gegen komplett verblödeten und latent menschenfeindlichen Zynismus und Nihilismus; doch davon abgesehen ist es an Cringe nicht mehr zu überbieten, wenn Leute die eigene Ignoranz und Unwissenheit so offen zur Schau zu stellen und so tun, als sei das ein Defizit des Protests und nicht etwa Zeichen der eigenen Unaufgeklärtheit und der kritiklosen Übernahme anti-aktivistischer Narrative, die aktivistische Praxis in diesem Land allgemein komplett unter den Bus wirft, und dann wird sich gewundert, warum in Frankreich die Leute es hinkriegen, gegen umstrittene Rentenreformen zu protestieren, während wir hierzulande schon dankbar sind, wenn wir nicht aufgefordert werden, bis 70 zu arbeiten.


Und wenn dann in ein paar Jahrzehnten die Kinder nachfragen, warum der Klimawandel denn jetzt sein musste, dann kann die Antwort wenigstens lauten: „Sorry, fand ich auch nicht so knorke, aber ich musste halt online über Aktivist*innen herziehen und großspurig erklären, dass das so nicht geht, wie die es machen, während ich selbst einfach einen Scheiß getan habe, um irgendwas zu ändern.“


Gut, dass wenigstens alle ihre Prioritäten so schön geordnet haben.

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