„Pokémon Legenden: Arceus“ ist problematisch – Ein Rant

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Wir müssen reden. Über Pokémon. Über das neue Spiel. Und darüber, wie es die Gedanken junger wie alter Menschen vergiftet. Nachdem ich das Spiel gestern Abend noch kurz spielen wollte und nach nur zwei Minuten Spielen feststellte, dass es inzwischen drei Uhr morgens geworden war, möchte ich nun alle anderen vor diesem Machwerk warnen.


Das Spiel ist, um es in einem Wort zu sagen, koloniale Drecksscheiße. War die Spielfigur früher noch einfach eine Person, die wie alle anderen ihren Weg in einer Welt aus Arenakämpfen und Ligaherausforderungen ging, ist sie nun dabei, die Besiedelung eines freien und natürlichen Lebensraums voranzutreiben. Dass die Menschen im Spiel vor dieser wilden Natur Angst haben, ist kein Zufall und exemplarisch für die Diagnose von Horkheimer und Adorno, der zufolge zu Beginn der Erkenntnis eben nicht wie bei Aristoteles das Staunen, sondern die Furcht steht, genauer gesagt, die Furcht vor der Natur. Diese schlägt dann auch im Spiel letztlich in die Naturbeherrschung um: Pokémon werden gefangen, kategorisiert und schließlich mitsamt ihren Fähigkeiten für die menschlichen Zwecke benutzt. Nichts darf wild und frei bleiben, alles muss unter ein Joch gezwängt werden, damit der Acker der Menschheit gepflügt und bestellt werden kann – durchaus wortwörtlich, da eine Sidequest erfordert, ein Boden-Pokémon für die Herrichtung eines tatsächlichen Ackers zu fangen, was in unerwarteter Ehrlichkeit auf die Problematik des Spiels verweist.


Dass indes diese Naturbeherrschung und die Wegnahme der Furcht vor dem, was beherrscht wird, den Menschen nicht befreit, sondern ihn schlicht selbst zum Untertanen der Konzepte von Nutzen und Naturbeherrschung macht, wird ebenso offenbar: Die Spielfigur ist in keiner Hinsicht selbstbestimmt, sondern steht unter der Fuchtel derjenigen militärisch angehauchten – nämlich aus „Trupps“ bestehenden – Galaktik-Organisation, die die Kolonisation der Region vorantreibt. Vermeintliche Freiheit, fälschlich erkannt in der offenen Welt, die bereist werden kann, ist im gesamten Spiel nicht zu finden. Die Arbeit, die der Spielfigur auferlegt wird, ist kein Genuss, kein integraler Schritt auf dem Weg einer freien Entfaltung, sondern selbst nichts anderes als Mittel zum Zweck, den das Überleben darstellt. „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, sagt eine Frau in dem Kolonialdorf, und die oberste Kommandantin der Trupps lässt ohne jegliche Emotion und Mitgefühl verlauten, dass die Spielfigur im Falle eines Scheiterns aus dem Dorf verbannt wird, was den voraussichtlichen Tod in der Wildnis bedeutet. Wer es wagt, sich der Verwertungslogik der Kolonialist*innen zu widersetzen, gilt als ein ebenso großer Feind wie die Natur, in die eine rebellische Person deswegen auch so problemlos verstoßen werden kann. Sauber scheiden sich hier die von einer totalitären Gesellschaft aufgestellten Kategorien von Gut und Böse, Kultur und Natur, Beherrschung und Wildheit.


Als Ersatz für tatsächliche Freiheit und eigene Sinnstiftung, die frei von der Peitsche der äußerlichen Zwänge einer nur am Gewinn orientierten Gesellschaft wäre, wird das Zuckerbrot der religiösen Bedeutsamkeit angeboten. Die Spielfigur spielt, trotz aller anfänglichen Zurückhaltung der NPCs ihr gegenüber, die Rolle einer messianischen Person, buchstäblich geschickt vom Himmel, von der göttlichen Macht, die das Universum schuf. Den Spieler*innen wird signalisiert „Du bist die von Gott auserwählte Person“ und somit suggeriert, dass es in dieser Welt letztlich doch mehr geben müsse als nur der Trott von Arbeit und Kontrolle. Der Glaube wird zur Zuflucht in einer Welt, die, nachdem die Natur einmal unter Kontrolle gebracht ist, ein nicht weniger erschreckendes Antlitz offenbart hat. Wie problematisch die Idee eines göttlichen Auftrags in Kombination mit kolonialen Bestrebungen ist, muss hier hoffentlich nicht noch zusätzlich ausgeführt werden.


Pokémon Legenden: Arceus ist pure Ideologie einer Unterhaltungsindustrie, die die Verwertungslogiken einer kapitalistisch-kolonialen Gesellschaft reproduziert und uns Heilsversprechen anbietet, die in der Realität niemals eingelöst werden. Die Simulation des Glücks, die uns anstelle eines tatsächlichen Heils genügen soll und seit jeher Kennzeichen von Film, Fernsehen und Videospiel war, erreicht in diesem Machwerk einen Höhepunkt. Die Vorstellung, was dies in den Köpfen junger Menschen anrichtet, ist kaum auszuhalten.


Ich fordere daher jede einzelne Person in dieser Community auf, das Spiel zu boykottieren. Die Leitung von Forum und Hauptseite muss wiederum augenblicklich alle Seiten zu dem Spiel offline nehmen, ihr Gewinnspiel beenden und jegliche weitere Unterstützung ebenso einstellen. Denn so geht es nicht weiter.

Kommentare 10

  • Ich finde, die Forderungen gehen nicht weit genug. Wir sollten die Spiele allen wegnehmen, bei denen wir merken, dass sie die spielen. Im Zweifelsfall muss da auch von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden.

    Wer die Spiele nicht freiwillig niederlegt, sollte an entsprechenden Orten zu einem mündigen Spieler erzogen werden, der versteht, warum diese Spiele das Übel dieser Welt sind.

    Sehe das auch so 1
  • amazing. Du hast recht, wie konnte man das nur übersehen. Den Kindern wird ein vollkommen falssches Bild geliefert. :ugly:


    Und jetzt mal ernsthaft, gefällt dir das Spiel?

    Danke 1
    • Ich kann diese Frage leider aus ästhetischen Gründen nicht beantworten, zumindest nicht hier.

  • Es fehlt nur noch der Abzweig Richtung PETA, um die Absurdität des Kommentars perfekt zu machen.


    Wie verbittert muss man sein, um solche Zeilen niederzuschreiben?


    Habe ja einiges an Kritiken zum Spiel gelesen, aber das hier toppt alles. Haha.

    • an deinen händen klebt das blut unschuldiger bidiza

      Gefällt mir 1
    • P.S.: Herzlich willkommen im BisaBoard übrigens! ^-^


      Was ist denn dein Lieblingspokémon?

    • Unschuldige Bidiza gibt es nicht.

      Sie sind alle schuldig des Mordes an Tragossos Mutter. Für immer!


      Mein Lieblingspokémon ist Jou Moeder.

  • Thrawn, du bist auch der einzige Mensch, der Pokémon kritisieren kann ohne Wörter wie „Grafik“, „Zelda“, „Breath of the Wild“ oder „Baum“ zu erwähnen, auch fehlen Phrasen wie „GameFreak hatte zu wenigen Zeit / hätten sich mehr Zeit lassen sollen“ oder „seit dem Dexit ist alles schlecht“.


    Muss sagen, bin beeindruckt.

    Danke 2