Warum Feloris Endstufe anthropomorph sein MUSS – Ein Essay

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Die neuen Pokémoneditionen Purpur und Karmesin sind gerade erst angekündigt, doch bereits jetzt kursieren im Internet und besonders im BisaBoard haufenweise absurde Meinungen, wie etwa, dass Game Freak die Ideen doch nicht ausgegangen seien (das Outfit von männlicher und weiblicher Spielfigur ist exakt gleich, also ist offensichtlich, dass ihnen nichts mehr einfällt), dass die Grafik nicht grottig sei oder dass es um etwas anderes gehe als immer nur Geldmacherei. Doch keine dieser absolut unsinnigen Äußerungen kann den geradezu perversen Wunsch übertreffen, die Endstufe von Felori möge doch bitte eine auf vier Pfoten stehende Katze bleiben und solle bloß nicht so humanoid werden wie zum Beispiel Fuegro. Dieser Take zeugt nicht einfach nur von mangelnder Bildung; er ist ein Vergehen am menschlichen Geist an sich bzw. für sich bzw. an und für sich.


Mit diesem letzten Teil der vorhergehenden Satzkonstruktion werden Einige vielleicht schon realisiert haben, worauf es hier ankommt: Nämlich auf die Philosophie Hegels, und genauer auf seine Ästhetik. Die Hegel’sche Ästhetik teilt die gesamte Kunst zunächst in drei Grundgattungen ein, als da wären die symbolische, die klassische und zuletzt die romantische Kunstform (bitte hier nicht an Epochen denken). In der symbolischen Kunstform sind Inhalt und Form noch nicht vollkommen zu einer Einheit gebracht, in der klassischen hingegen ist gerade diese Einheit erreicht, und in der romantischen Kunstform – die uns hier aber nicht interessiert – „sprengt“ der Inhalt sozusagen wieder seine Form, was insofern kein Rückfall in das Symbolische ist, als dass sich hier eben sozusagen die Grenzen dessen zeigen, was die Kunst auch in ihrer höchsten Stufe erreichen kann.


Um die beiden zuerst genannten Kunstformen beispielhaft zu erläutern, so ist etwa die Zeichnung eines Löwen ein Symbol für Mut, aber Mut als Idee ist mehr als nur ein Löwe, der ohnehin auch Symbol für vieles andere sein kann, etwa Stärke oder Macht. Die Darstellung von Mut durch einen Löwen ist somit nicht nur im herkömmlichen, sondern auch in Hegels Sinne symbolisch, da der geistige Gehalt und seine Darstellungsform keine vollkommene Einheit bilden. „Klassisch“ demgegenüber ist etwa die griechische Skulptur, spezifisch die Darstellungen von griechischen Gottheiten oder antiken Persönlichkeiten: Sie stellen die jeweilige menschliche Gestalt nicht nur eindeutig dar, sondern verweisen gerade durch Lebendigkeit ihrer Mimik, durch ihre Haltung, durch die Augen insbesondere auf die Idee des Menschlichen und den menschlichen Geist selbst. Anders als beim Löwen, lediglich Platzhalter für verschiedene Eigenschaften oder Ideen, kommt hier der menschliche Geist in der Darstellungsform in seiner Vollständigkeit zum Ausdruck.


Der Übergang von symbolischer zu klassischer Kunstform lässt sich dabei quasi nirgendwo so klar nachvollziehen wie beim Beispiel der Sphinx: Sie ist teilweise tierisch und teilweise menschlich, der menschliche Geist drängt hier also gerade dazu, sich selbst darzustellen, aber es ist eben noch nicht vollständig gelungen. Im Ödipus-Mythos vollzieht sich dieser Übergang dann schließlich vollends, denn es ist der griechische Mensch, der das Rätsel der Sphinx zu lösen vermag, dessen Antwort eben der Mensch selbst ist, wodurch die Sphinx zugrunde gehen muss und der Mensch triumphiert. Der Mensch ist Antwortgeber und zugleich selbst die Antwort.


Mit diesen Gedanken im Hintergrund sollte schnell einleuchten, warum eine tierische und nicht anthropomorphe Endstufe der Pflanzenkatze Felori ein fataler Fehler wäre: Das allmähliche Heraustreten des Menschlichen gegenüber dem rein Tierischen ist die bessere Zusammenstimmung von Form und Inhalt, die bessere Darstellung des Geistigen an sich. Eine tierische Katze wäre nichts als Platzhalter für Ideen, die sich in ihr nicht darstellen lassen. Eine Anthropomorphe hingegen würde den wahren Ausdruck geistiger Lebendigkeit der Menschen tragen. Dass sie nicht vollends menschlich werden kann, ist dabei natürlich aus konzeptionellen Gründen klar: Die Unterscheidung von Mensch und Pokémon kann für das Spiel nicht komplett aufgehoben werden.


Es ist in den letzten Jahren schon zu viel zu vielen Rückschritten in dieser Hinsicht gekommen: Grandiose Pokémon wie Pantimos werden wegen ihrer Menschenähnlichkeit beständig verlacht oder gar gehasst, da nicht erkannt wird, was sie tatsächlich repräsentieren, und Mewtu, ein Pokémon, in dem sich nicht nur der menschliche Geist, sondern auch das menschliche Genie auf das Vortrefflichste zeigt, wurde von einem Gottpokémon vom Thron gestoßen, das zwar auf dem griechischen Gott basiert, aber – unverständlicherweise, wie nicht oft genug betont werden kann – eben nicht auf seiner menschlichen, sondern seiner tierischen, geistloseren Gestalt. Diese unverzeihlichen Verbrechen gegen den Weltgeist dürfen nicht übergangen werden, und dass Leute in ihrer offenbar keine Grenzen kennenden Ignoranz derzeit ernsthaft fordern, dass noch ein weiteres von ihnen begangen wird, ist an Schockfaktor nicht mehr zu überbieten. Dementsprechend: Wenn die Editionen rauskommen, hat Feloris Endstufe gefälligst auf zwei Beinen zu stehen, ansonsten kann das gesamte Pokémon-Franchise abgeschrieben und in die Tonne getreten werden – und zwar in die für die stinkenden und faulenden Bioabfälle, nicht in die saubere Papiertonne!


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Kommentare 2

  • Ich weiß nicht, welche Form mir nun besser gefallen würde, aber der Gedanke, dass Pokémon dem Menschen eher ähneln als den Tieren, klingt richtig. So kommt es ja vor, dass einige Pokémon Items, die sie gefunden haben und benutzen könnten(Beeren bspw.) an den Trainer abgeben(das passiert z.B. auf dem Platz der Treue). Ohne Eigennutz kennt man das nur von den Menschen (zugegeben auch eher nur von Kindern*seufz*). Unsere nächsten Verwandten die Affen würden sich nicht einmal ein wenig anstrengen, um einem fremden anderen Affen zu helfen, etwas zu essen zu bekommen.

    Weiterhin sind einige Pokémon so freundlich zu Menschen, dass sie fremde Menschen beschützen. Kommt zwar selten genug in meiner Umgebung vor(glücklicherweise), aber Menschen sollen das wohl auch tun, wie ich gehört habe. Auch einem Großteil von uns geht es nahe, wenn ein Tier oder Mensch angegriffen wird.

    Danke 1
  • Ich finde Katzen auch süß. ♥

    Sehe das auch so 3