In eigener Sache #2: Mein letzter Artikel war potenziell gefährlich

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Liebe Leute,


es gibt immer wieder die Frage, was Satire darf. Wo die Grenzen liegen, weiß so genau niemand, aber ich habe sie im letzten Artikel leider überschritten, was mir erst im Zuge einer Diskussion in den ADs klargeworden ist.

Wie einige wissen, ging es in meinem letzten Artikel darum, dass es keine gute Idee ist, Aussagen von Rechtsextremen, die den Reichstag stürmen, einfach so abzudrucken, insbesondere wenn diese sind „Ich war einfach verdattert“, ganz so, als würde jemand aus Verwirrung den Reichstag stürmen. Hierzu wurden fiktive Aussagen fingiert, in denen die Einstellungen der Leute in die Lächerlichkeit übertrieben wurden.

Nun muss aber gesagt werden: Damit habe ich beide Seiten manipuliert. Klar kann es sein, dass Leute meinen Artikel lesen, als Witz erkennen und dann ist ja alles gut. Aber sie könnten es auch ernst nehmen. Und dann stehen wir leider vor einer ernsthaften Gefahr für unsere Demokratie. Daher möchte ich zwei der Aussagen nachträglich noch einmal einordnen:

Zitat

„Tut mir leid, mit der Lügenpresse rede ich nicht. Sie haben das damals am Reichstag alles falsch dargestellt, das war eine friedliche Demonstration und nur weil wir die Regierung enthaupten wollten, drehen gleich wieder alle am Rad.“

- Heinz T., 43

Hier muss ich klarstellen: Diese Aussage hat niemand so getätigt. Natürlich nicht. Es handelt sich hier um einen Aufruf zum Mord, und ihr solltet nicht glauben, dass andere Leute euch tatsächlich zustimmen, wenn ihr die Regierung enthaupten wollt. Das wäre übrigens ein Verbrechen. Lasst das gefälligst! Außerdem: Ganz im Vorbeigehen wird das Wort „Lügenpresse“ eingebaut, das insinuiert, dass alle Medien gelenkt seien und ausschließlich Lügen verbreiten würden. Das stimmt natürlich auch nicht, Medien sind der zentrale Eckpfeiler unserer Demokratie.

Zitat

„Dass der deutsche Staat mich verurteilen will, ist absolut lächerlich, da es ihn gar nicht gibt. Genau darum ging es doch damals, ihr Vollheinis!“

- Manfred F., 43

Auch hier ist Vorsicht geboten: Leute könnten aus dieser Aussage mitnehmen, dass es den deutschen Staat nicht gibt. Daher möchten wir klarstellen: Natürlich existiert der deutsche Staat. Das hier ist nur ein Witz. Also nehmt das nicht als Bestätigung eurer Verschwörungsideologien! Ich verbiete es!


Ich hoffe, dass ich dadurch verhindern konnte, dass ich die gefährlichen Kräfte pushe, die unsere Demokratie nachhaltig bedrohen. Zu guter Letzt möchte ich noch die Leitlinien nennen, die wir hier in der Redaktion zukünftig berücksichtigen möchten, damit so etwas nie wieder vorkommt:

  1. Gute Satire ist immer eindeutig zu verstehen. Spiele mit Ambiguitäten sowie bewusste Ähnlichkeiten in Form sogenannter „Parodien“ sind zu vermeiden.
  2. Wenn auch nur ein*e Demokratiefeind*in eventuell theoretisch auf Satire hereinfallen und daraus Bestätigung mitnehmen kann, besteht kein signifikanter Unterschied mehr zwischen der jeweiligen Satire und Propaganda. Das ist also um jeden Preis zu vermeiden.
  3. Absichten der Autor*innen sind für Interpretationen immer vollständig irrelevant.
  4. Es gilt stets die Einheit von Sache und Begriff.
  5. Das gilt auch für Kommentare von Lesenden, dahingehend, dass sie, wenn sie nicht wortwörtlich sagen „Ich wusste nicht, dass das Satire ist“, nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie es tatsächlich nicht wussten, auch wenn ihre Worte das eigentlich nahezulegen scheinen.
  6. Vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung.
  7. Mir nicht.
  8. Die Medienkompetenz der Lesenden ist nicht zu hinterfragen.
  9. Wenn Leute auf Satire hereinfallen, dann ist der Hintergrund der unübersichtlichen Welt nicht teilweise, sondern vollständig entlastend. Fragen nach der eigenen Medienkompetenz dürfen sich nicht stellen (siehe 8.).
  10. Die Redaktion verpflichtet sich, alle echten Satireformate und -medien zur Einhaltung dieser Leitlinien aufzufordern.

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