Weil nicht sein kann, was für das Fußballglück nicht sein darf

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Wer hier im Forum das Fußballdiskussionsthema aufmerksam mitverfolgte, wird gemerkt haben, dass zu Beginn der WM die diverse Problematiken derselben kurz diskutiert wurden, sprich, die Tatsache, dass die WM in einem autokratischen Staat mit sehr fragwürdigem Verständnis zu Menschenrechten stattfindet, der seine Stadien auf den Leben mehrerer tausend Gastarbeiter*innen errichtet hat. Nachdem dies kurz angerissen worden war, wurde allerdings direkt dann doch dazu übergegangen, sich einfach über die Spiele zu unterhalten und das zu tun, worin die Deutschen schon immer gut waren, nämlich alles auszublenden, was ihren Spaß mindern könnte; dass die Welt scheiße ist, darüber besteht eigentlich sogar Einigkeit, wurde doch darauf hingewiesen, dass Geld nun einmal die Welt regiert, und lediglich die Entscheidung, die ja bei jeder Person mit einem Funken Anstand so aussehen müsste, diesen Zustand wenigstens nicht hinzunehmen – wenn schon nicht versucht wird, ihn zu ändern – besteht in der Realität darin, das dann eben für das eigene Vergnügen unter den Tisch fallen zu lassen, wobei sich gezeigt hat, dass das eben dann doch nicht reicht, und fast schon totalitär mutet es an, dass nach Wochen einer von jeglicher Moral verschonten Diskussion dann eben doch noch einmal mit der groben Kelle gegen alle ausgeholt werden musste, die es überhaupt gewagt hatten, das Thema mal anzuschneiden. Wer die WM kritisiert, der sei ein Heuchler, der sich ja nur jetzt während der WM für Menschenrechte interessiere (was schon psychologisch keinen Sinn ergibt); dementgegen die eigene Person hingegen in ihrer grausamen Gleichgültigkeit so konsequent war, sich während der WM genauso wenig dafür zu interessieren wie sonst auch, ganz so, als sei das eine Tugend – indes natürlich die Verurteilung zur Heuchelei ohnehin nur auf dem guten alten Bauchgefühl fußt, wie auch die These, es habe doch eigentlich ohnehin niemanden interessiert, und damit sind wir bei dem schönen Ansatz, dass einerseits Kritiker*innen Heuchler*innen sind, aber zugleich eigentlich auch gar nicht existieren, beides ebenso falsch wie voreilig und einander widersprechend. Zu äußern, dass Deutschland sich lächerlich gemacht habe, ist eine Demonstration des Umstands, dass das richtige Ergebnis ohne Rechenweg nichts wert ist, denn diese These ist durchaus wahr, aber eben nicht, weil zu viel Kritik an Menschenrechten geäußert wurde, die im Rest der Welt niemanden interessiere, sondern weil es zu wenig war und zugegebenermaßen sich im Handeln sowohl der Zusehenden als auch der Spieler nicht wiederspiegelte; hingegen, es muss wohl gesagt werden, die Konsequenz daraus nicht wäre, dann gar nichts zu tun, auch wenn das konservative Mindset, demzufolge ein Problem eigentlich nur dann wirklich anzupacken sei, wenn es sich vollkommen lösen (und nicht etwa vermindern) ließe, es vorschreibt.


Der Bedarf danach, das eigene WM-Erlebnis nicht zu schmälern, nahm nun geradezu bizarre Ausmaße an, denn während wie gesagt das Schauen und Diskutieren über die WM problemlos möglich war, ist das offenbar auch insofern nicht genug, als dass nun im Zuge der oben erwähnten These, die Menschenrechte hätten ja eh niemanden interessiert und auch zu keiner Abstinenz geführt (wie gesagt, Bauchgefühl), während zugleich Abstinenz, etwa im Nicht-Durchführen eines Tippspiels, kritisiert wird, auch vertreten werden muss, dass die WM ein voller Erfolg mit „tollen Spielen“ und „einer schönen Atmosphäre“ war, mithin also nicht einfach still geguckt, sondern dem menschenrechtsverachtenden Staat auch noch Schützenhilfe geleistet wird. Wer die WM aus sehr gemäßigter und liberaler Sicht kritisierte, sie aber trotzdem schaute, der hatte zumindest noch so viel Anstand zu betonen, dass wir trotzdem Katar den Erfolg eines tollen Sportevents und die damit verbundene Ablenkung von bekannten Problemen nicht gönnen sollten, indes die freidrehenden Fans im Fußballtopic diesen Erfolg nun nicht nur gönnen, sondern ihn eigentlich erst inszenieren. Sich auf die Art zum Verbündeten der Menschenfeindlichkeit zu machen und dabei gleichzeitig nebenbei queeren Menschen ins Gesicht und toten Gastarbeiter*innen auf ihr Andenken zu spucken, indem gesagt wird, für deren Rechte interessiere sich ja auf der Welt sowieso niemand, mag die Beobachtenden dieser neuen deutschen diskursiven Barbarei schockieren, indes das noch insofern zahm ist, als dass ebenso gelobt wurde, wie ordentlich es bei der WM zugegangen sei, und ja, natürlich, wenn Journalist*innen bedroht werden, dann geht es natürlich gerade für die viele Kilometer entfernt vor ihren Fernsehgeräten sitzenden Deutschen sehr ruhig zu; wobei die Grausamkeiten eines autoritären Regimes zu vergessen und zugleich aber das zu loben, was in besagtem Regime ja trotz allem irgendwie gut (gewesen) sein soll, natürlich auch schöne deutsche Tradition ist.


Zu guter bzw. schlechter Letzt bleibt damit dann aber auch der Beweis, dass es wirklich keinen Sinn hat, die WM-Fans einfach wochenlang nicht mit Moral zu behelligen, denn sie werden sich auch darüber mokieren, ohne dass das passiert; somit die Lektion ist, dass sie das nächste Mal dann auch jeden Tag damit genervt werden können, und wer meint, das sei der Versöhnung nicht zuträglich, dem kann, wenngleich auf die Wiederentdeckung des eigenen Minimalanstands so oder so nicht zu hoffen ist, nun die Diskussion über diese WM als Gegenbeweis präsentiert werden, der dann, weil unbequeme Wahrheit, ebenso abgelehnt werden wird.


Immerhin etwas.