
„Ochinchin ga daisuki“
-jeder besoffene Gaijin ever
Coronichi wa, amici et amicae.
Wisst ihr noch das letzte Mal, als ihr nach Sperrstunde in ein Restaurant eingebrochen seid, um den Besitzer (mit FFP2) zum Verkauf seines Ladens zu erpressen, aber ihr dann stattdessen was gekriegt habt, das so juicy war, dass es auch eure eigenen Säfte in Wallungen gebracht hat und euch wortwörtlich die Kleidung vom Leib geflogen ist? Falls ja: Tschüss, danke, müsst an der Stelle nicht weiterlesen, ihr seid vollgeimpft, aber falls ihr die Erfahrung noch machen wollt:
Vor vielen, vielen Jahren erschien so’n seltsamer Animu namens „dem Sōma seine Essenshellebarde“, der unsinnvollerweise mit „Food Wars“ gedubbt wurde, damit sich irgendwer auskennt. Wem Episode 1 nicht gefällt, der schaut eh nicht weiter. In der BWL spricht man vom USP, dem Unique Selling Point, der unser Produkt von der Masse abhebt. Man braucht also direkt zu Beginn neben Nudity noch irgendein weiteres Verkaufsargument, um sich vom Massen-Ecchi-Markt abzusetzen: gutes Essen! Also Spoiler für Folge 1: Der Prota soll ‘nen Schweinebraten machen, aber hat kein Schwein daheim, also baut er irgendwas anderes Lustiges, das somewhat ‘nen Schweinebraten resemblen soll. Sieht dann im Animu so aus:
Mein liebstes nicht staatlich anerkanntes Eheweib will das unbedingt essen, seit sie das zum ersten Mal vor ‘ner gefühlten Ewigkeit gesehen hat. OK, kochen wir nach, easy! What could go wrong, wenn man einfach ein Rezept ohne Mengenangaben aus irgendeinem Ecchi nachkochen will, right? Ob Butter oder Vaseline: Hauptsache es flutscht! Tja, „sticks and stones may break my bones, but I’ll be always be one step ahead of you...because I read the manga”, sagte einst ein weiser Mann, und den Rat befolgen wir NICHT, weil in dem Manga, den ich gelesen hab, stand das Rezept auch nicht, also halten wir uns an den Guide aus dem Wiki, ABER...
Es fängt mit „6 Kartoffeln an“. Das ist ungefähr die ungenauest mögliche Mengenangabe und steht auf einem Level mit eine Flasche Pommes frites. Zufall oder Chiffre, dass die auch aus Kartoffeln sind??? Wenn man sich die Vorlage ansieht, kann man aber mal mutmaßen, dass damit Plus Size Kartoffeln gemeint sind, die ein tolles Selbstbewusstsein für ihre Wohlfühlfigur mitbringen. Hab ich leider nicht daheim, also nehm ich aliquot das Äquivalent aus kleinen Exemplaren. Waren am Ende 10 Tüften, die allesamt bei GNTM hätten mitmachen dürfen.
Weiter geht’s mit Eringi-Pilzen. Serengeti gibt’s hier keine, also nehm ich einfach Champignons, weil die zu dieser Jahreszeit auch die einzigen Pilze sind, die man mit vertretbarem Aufwand kriegen kann. Optimal wären Kräuter-Seitlinge, wo und wann auch immer man die kriegen mag. Das ist immer noch DEUTSCHLAND (oder so) hier – Lynchmob wird direkt bestellt, wenn wer Gemüse, Obst und Pilze außerhalb der Saison verlangt.
Bei der nächsten Zutat handelt es sich wieder um etwas besonders Exotisches, weshalb man es an jeder Dönerbude findet: Die Rede ist natürlich von Swibbel. Davon nimmt man auch mal ungefähr so eine. Oder zwei. Oder alle. Man kann eigentlich nie zu viele Zwiebeln haben.
Die:r geneigte Veganer:in ist an der Stelle eigentlich schon fertig. Koch die Kartoffeln zu Klump und brate die Zwiebelpilze zu einer braunen Paste und du wirst sehr, sehr glücklich sein, wenn du das Ganze noch mit ein wenig Salz vermischst. Aber wie wir wissen, schmeckt mit Bacon umwickelt alles besser, und das sag ich mit dem Selbstvertrauen eines 14-Jährigen, der sich freut, in ein paar Jahren die Republikaner wählen zu dürfen. Jedenfalls rollen wir den Kartoffel-Pilz-Zwiebel-Auflauf mal in Frischhaltefolie ein, um ihn irgendwie in Rollbratenform zu bringen.
Wenn das geschehen ist, ziehen wir ihm ein rot-weiß gestreiftes Shirt an, damit er sich wie ein kleiner Pirat fühlen kann. Ich war so naiv und hab das Ganze mit so Bratenspicknadeldingern fixiert, die im Endeffekt auch nur verbogene Zahnstocker aus Draht sind. Gut investierter Euro auf jeden Fall. Verwenden sollte man jedenfalls so’n komischen Faden, den man wohl verwendet, um Rollbraten zu machen, weil...naja, schaut euch einfach mal das Ergebnis nach 40 Minuten im Ofen an:
Ja, mit dem richtigen Instagram-Filter sieht es immer noch ziemlich goyle aus, aber wirkt schon so, als hätte er die ganze Coronazeit über das Haus nicht verlassen und wäre infolgedessen aus allen Nähten geplatzt. Wenn ihr euch jetzt fragt, wieso der Braten so geSUPPT hat: Nein, hat er nicht, aber wir haben in der Zwischenzeit noch ein Sößlein angerührt. Dafür verwenden wir:
250 ml Rotwein
60 ml Weißwein
1 EL Butter
30 ml Sojasoße
Tja, an der Stelle macht man nicht mehr, als dem Herd VOLLGAS zu geben, damit der Wein mehr Blubb als Spinat von Käpten Iglu macht. Sobald er das tut und anfängt einzudicken, kann man eigentlich den restlichen Klumpatsch hinzufügen und warten, dass es die Konsistenz von Soße annimmt, also so typisch sämige Bratensauce halt (ja, ich bin gerne inkonsistent bei der Schreibweise von Souzce). Passiert normalerweise innerhalb von 20 Minuten, also habt ihr genug Zeit, während der Braten im Rohr ist.
So, wenn ihr kB auf Kochen habt – warum auch immer man kB auf Kochen haben sollte, wenn draußen 70 % Luftfeuchtigkeit bei 30 °C herrschen, lol – dann verrat ich euch an der Stelle aber trotzdem mal, wie das Ganze geschmeckt hat. Einfach weil ich so ein netter Mensch bin. Und HALLELUJA, Froinde: Wenn ihr die Geduld mitbringt und die Zwiebelpilze wirklich solange anbratet, bis sie dunkelbraun wie Gauland sind, dann tritt euch Umami-chan so richtig in die Fresse. Also ohne Witz. Die Zwiebeln werden davon so herrlich süß und die Pilze geben der überdimensionierten Nudel eine schön würzige, fast fleischige Note. Die Kartoffeln stellen dann passenderweise das perfekte Geschmacksvehikel bereit und schmecken in Kombination mit dem knusprigen Bacon einfach endlaser. Die Rotweinsauce ist ein nettes Add-on, und da ich bislang noch nie Rotweinsauce hatte, weil ich nicht mal Hartz IV krieg und doch zu viel Selbstachtung habe, als dass ich die aus Tetrapak-Wein kochen wollte, kann ich keine Vergleichswerte liefern, aber schmeckt schon ahnbar, wenn man ein paar Tröpfchen davon über seine Speckkartoffeln gießt. Schmeckt halt immer noch wie Rotwein, also wer den abgrundtief scheiße findet, wird hier auch keinen Spaß dran haben. Da kann man alternativ mal probieren, so Gravy zu machen. Wenn’s vegan sein soll, klappt das vielleicht auch mit krass eingekochtem Gemüsefond. Würd ich das wieder essen? Aber sowas von. Man muss nur dazu sagen, dass der Arbeitsaufwand samt Kartoffelschälerei, Gemüsegekoche und anschließendem Ofenspaziergang im best case eine volle Stunde in Anspruch nimmt, was bei weniger koordiniertem Küchenzauber auch mal zwei werden können: Ich würde euch als Arbeitsroutine empfehlen
- Kartoffelwasser aufsetzen
- Kartoffeln schälen
- Kartoffeln ins kochende Wasser ballern (dauert dann rund 20 Minuten, bis sie weich sind)
- Pfanne mit Butter erwärmen
- Inzwischen Zwiebeln und Pilze fein hacken
- Gebt denen gute Hitze, so Stufe 5/6 klappt. Sobald die Flüssigkeit verdampft ist, müsst ihr um euer Leben rühren
- Kartoffeln stampfen und salzen
- Ofen auf 180-200 °C vorheizen (je nachdem, ob ihr Umluft oder O-/U-Hitze verwendet)
- Kartoffeln, Zwiebeln und Pilze vermengen und zu einer Rolle formen
- Den Fakebraten mit Bacon ummanteln und irgendwie festbinden
- Das Ganze noch mit Rosmarin spicken
- REIN IN DEN OFEN, GOGOGO, 40 MINUTEN AB JETZT
- Währenddessen die Sauce kochen
- Anrichten
Die große Frage, die wir uns noch stellen müssen: Wo kann man hier seine Gourmet-Meinung verorten? Wenn man sich die Kosten für den Spaß ansieht, dann belaufen die sich auf etwa 8 €, wovon der Bacon den größten Teil in Beschlag nimmt. Satt macht das Ganze zwei Personen, also 4 € pro Person. Als Hartz-IV-Empfänger:in sind bei Vollbezug etwa 5,10 € am Tag für Lebensmittel angedacht, d.h. uns bleiben 1,10 €, für 2 Person sind das 2,2 und die ziehen wir mal von der Höchstpunktezahl ab und geben dem Gericht somit 7.8/10 Punkte. Hat mich gefreut, gerne wieder, Top-Ebayer.
Kommentare 4
KEKWesi
Ich will so sein wie du
Jadama
Alter, der scheppert.
moxie
Ich kann die Bilder nicht sehen :( Am besten per Dateianhang im Beitrag hochladen
Tiramisu Autor
Ach. Ist ja drollig. Mein Browser ist nämlich beim Schreiben abgeschmiert und ich war so froh, dass ich die Bilder noch sehen konnte.